Zachäus
- Kurzgeschichte nach Lukas 19 -





Zachäus




Zachäus heiße ich.
Schon in der Schule wurde ich veräppelt wegen meines
Namens und meiner Größe.
Ich bin nämlich klein, darum nannte man mich Gartenzwerg,
Wichtel, Liliput und was nicht alles.
Anfangs hat mich das oft gekränkt, aber nachher habe ich
auch gemerkt, dass es viele Vorteile hat, wenn man klein
ist.
So konnte ich mich beim Verstecken spielen immer in
Schlupflöcher begeben, wohin die Lulatsche immer große
Schwierigkeiten hatten.
Und wenn wir mit dem Auto wegfuhren, war für mich immer
Platz, die langen Lulatsche mussten sich immer quälen,
die wussten oft nicht wohin mit den langen Beinen.
Ja, klein zu sein hat nicht nur Nachteile.
Aber manchmal wäre ich auch gerne groß gewesen.
Nur, das kann man sich nicht aussuchen.
In der Schule war ich nicht schlechter als die Großen.
Im Sport, na ja, es ging so.
Was ich Knirps denn mal werden wolle, hat mich mein
Onkel mal gefragt.
Da habe ich gesagt: Polizeibeamter oder Zollbeamter.
Mein Onkel hat furchtbar gelacht.
Und gelacht haben auch meine Schulfreunde und der
Lehrer.
Als ich aus der Schule entlassen wurde, ich hatte die
Mittlere Reife bestanden, habe ich mich bei der Polizei
und beim Zoll beworben.
Bei der Polizei hat es nicht geklappt, aber beim Zoll
wurde ich angenommen, wenn auch man so grade.
Es war eine harte Ausbildungszeit.
Nachher bekam ich als Zollinspektor einen Posten an der
Grenze. Ich musste Autos kontrollieren, welche von drüben
kamen oder die rüber wollten.
Und da habe ich mir vorgenommen, wenn jetzt mal einige
ehemalige Klassenkameraden rüber wollen, oder wenn
die zurückkommen, die werde ich ganz scharf kontrollieren.
Die sollen mich kennen lernen.
Ich hatte Dienst über Ostern, da fahren viele Leute mit dem
Auto ins Ausland. Und, ich ahnte es, gegen Mittag kam
das erste Auto dessen Fahrer ich kannte. Es war einer
meiner ehemaligen Klassenkameraden, Norbert.
Ich winkte den Wagen heraus, verlangte Papiere und
Öffnen des Kofferraumes.
Zachäus, sagte Norbert, du kennst mich doch?
Ich antwortete nicht, befahl den Kofferraum zu leeren
und alle Gepäckstücke zu öffnen.
Der Norbert starrte mich verdutzt an, er verstand die
Welt nicht mehr.
Ich wühlte alles durch und ließ mir Zeit dabei.
Dann winkte ich einem Kollegen zu, er solle mit dem
Schnüffelhund kommen. Man weiß ja nie, Drogen oder so.
Das ganze Zeremoniell dauerte fast eine Stunde.
Der Norbert wurde wütend, er werde sich beschweren, an
höchster Stelle.
Das macht man, sagte ich, wenn du noch frech wirst, kannst
du gleich zurück fahren.
Aber wenn du zurückkommst, dann wehe dir, dauert es
zwei Stunden. Und nun kratz die Kurve, ehe ich es mir noch
anders überlege.
Wütend verstaute der Norbert seine Sachen wieder und
fuhr davon.
Am Nachmittag erspähte Zachäus wieder ein bekanntes
Gesicht. Es war die Nicol mit ihrer Familie, sie wollten
auch über die Grenze.
Ha, die alte Giftnudel, die hat mich immer Zwergnase
genannt.
Zachäus ging auf den Wagen zu und sagte mit barschem
Ton: rechts ausfahren und aussteigen, Papiere bitte.
Hallo Zachäus, ich bin es, Nicol.
Herr Oberinspektor bitte.
Gute zwei Stunden schikanierte Zachäus die Insassen,
bevor sie weiterfahren durften.
Ja, er, Zachäus galt jetzt als „scharfer Hund“ vor ihm hatte
man sich in acht zu nehmen.
Von wegen Zwerg oder so. Ihn den Zachäus sollte man
fürchten lernen.
Dabei war Zachäus eigentlich kein Unmensch, es waren
Kindheitserlebnisse, welche ihn zu diesem Verhalten
antrieben.
Zachäus ging auch gelegentlich in die Kirche.
Er wusste auch von jenem Joshua, jenem Mann mit
den außergewöhnlichen Fähigkeiten zu predigen und zu
Heilen. Er war schon öfters in seiner Nähe, leider hatte
er ihn noch nie zu Gesicht bekommen.
Was würde er, Zachäus, geben, diesem Mann einmal zu
begegnen.
Vor einiger Zeit bot sich mal die Gelegenheit, aber im
Gedränge der Leute und er, der Kleine, nein da war kein
Durchkommen.
Was soll’s, sagte er zu sich selbst.
Und so schikanierte Zachäus weiter die Leute an der
Grenze, um seinen Frust los zu werden.
Er erreichte damit, dass sein Berufsstand mittlerweile
überall verrucht war. Die Zollbeamten galten als korrupt,
Gauner, Strolche und Ausbeuter.
Nein mit diesen Zöllnern verkehrte man nicht und so hatte
Zachäus auch keine Freunde, worunter auch seine eigene
Familie sehr zu leiden hatte.
Eines morgens las Zachäus in der Zeitung, da jener
berühmte Joshua am Sonntag in seinen Ort kommen
würde. Zachäus war ganz hingerissen, koste es was es wolle,
er musste diesen Mann mal zu Gesicht bekommen.
Früh würde er auf dem Marktplatz sein, bevor die anderen
Leute alle kämen.
Früh machte sich Zachäus am Sonntag auf, er wollte der
erste sein auf dem Marktplatz. Aber als er dort ankam,
wimmelte es dort schon von Menschen.
Niemand ließ ihn durch, im Gegenteil, er wurde beschimpft
und man bedrohte ihn sogar, den verhassten Zöllner.
Plötzlich jubelte die Menge, dieser Joshua musste also
in der Nähe sein.
Zachäus war verzweifelt. Da erblickte er einen Laternenpfahl,
schaffe ich das?
Mit dem Mut der Verzweiflung und unbändigem Willen zog
er sich an dem Laternenpfahl hoch.
Ja, da war er, er sah ihn, mit seinem Gefolge, sie kamen
direkt auf ihn zu.
Und Joshua blickte auf zu Zachäus, während dieser vor
Schreck bald herab gestürzt wäre.
Zachäus, sagte Joshua, komm da runter, ich möchte heute
bei dir zu Hause zu Gast zu sein.
Zachäus wurde blass, er verstand die Welt nicht mehr.
Ja, ich möchte dich besuchen, sagte Joshua zu Zachäus.
Die Umstehenden meuterten, bei so einem Halunken
kehrt er ein. Nein, das konnte man nicht hinnehmen.
Aber ungeachtet aller Proteste kehrte Joshua bei
Zachäus ein.
Zachäus fiel Joshua zu Füssen und sagte: Herr, ich bin
ein sündiger Mensch und nicht wert, das du mein Haus betrittst.
Ich habe viel Unrecht getan und Menschen betrogen.
Ich werde allen zurückgeben, was ich ihnen zu Unrecht
genommen habe.
Joshua lobte Zachäus.
Und von der Zeit an änderte Zachäus sein Leben.
Die Menschen, die ihn kannten waren erstaunt über seine
Wandlung.
Ja, die Begegnung mit Joshua hatte Zachäus Leben
radikal verändert.




Wolfgang Müller







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