Am nächsten Tag war Sonntag und natürlich hatte sie schulfrei. Ihr fiel ein, dass ja nun auch Weihnachtsferien waren und sie in diesem Jahr gar nicht mehr zur Schule gehen brauchte. Mit ihren Eltern ging sie nach dem Frühstück in die Kirche zum Gottesdienst. In der Nacht hatte es wieder geschneit. Völlig unberührt lag die Schneepracht vor ihrem Haus und auch im ganzen Ort. Nina war ganz feierlich zumute. Auf dem Weg zur Kirche überlegte sie sich weiter, was sie sich wünschen könnte. Vielleicht einen so großen Schneemann, dass man sich in ihm verstecken und spielen konnte. Die Augen waren die Fenster, aus denen man von oben den besten Blick auf die Stadt hatte. Aber sie wusste, dass Schnee vergänglich war. Ihr Schneemann würde irgendwann das selbe Schicksal erleiden wie alle Schneemänner. Es sei denn, sie wären am Nordpol! Plötzlich hatte sie einen Geistesblitz. Sie könnte sich doch eine Reise in einer Kutsche zum Nordpol wünschen. Sie hatte gehört, dass dort die Eskimos leben in ihren Schneehütten. Und die schmolzen jedenfalls nicht. Sie beschloss, diesen Wunsch im Hinterkopf zu behalten. Denn sie waren jetzt bei der Gemeinde angekommen. Sie freute sich schon, denn nachdem ein paar Lieder gesungen wurden, konnte sie in die Kinderstunde gehen. Dort beteten sie zusammen, hörten sich eine Geschichte aus der Bibel an und konnten anschließend noch etwas basteln oder malen. Schwester Erna, die Leiterin der Kinderstunde war eine sehr sympathische, ältere Dame, die alle Kinder mochten. Weil sie immer so nett war und so schöne Geschichten erzählen konnte. Und nach einer guten Viertelstunde war es wieder so weit und Mama brachte sie zur Kinderstunde. Schwester Erna erwartete sie schon. Der Kinderstundenraum war ganz festlich eingerichtet. Es war die letzte Kinderstunde vor Weihnachten. In der Ecke stand ein bunt geschmückter Weihnachtsbaum. Auf den Tischen leuchteten schöne goldene Kerzen und auf der weißen Tischdecke lagen rote Servietten, die den Kerzenschein reflektierten und dem Raum eine besonders feierliche Note verliehen. Sie waren diesmal sieben Kinder. Nina kannte sie schon, einige aus der Schule und einige noch aus dem Kindergarten. Am Anfang betete Schwester Erna wieder mit ihnen und sie dankten Gott dafür, dass es ihnen so gut ging und sie in Frieden lebten. Sie beteten auch für die armen Kinder, denen es nicht so gut ging und die nicht so viel zum Essen hatten. Nach dem Gebet las Schwester Erna ihnen die Weihnachtsgeschichte vor. Nina liebte diese Geschichte. Sie fand es so traurig, dass Maria und Josef keine Herberge für sich und ihr Kind finden konnten und dass Jesus so in einem Stall zur Welt kam. Doch dann freute sie sich auch wieder, dass der Retter geboren wurde und dass ganz viele Engel Gott lobten. Ganz andächtig hörten sich die Kinder auch diesmal die Weihnachtsgeschichte an. Es war ganz feierlich, als Schwester Erna zu Ende gelesen hatte. Am Schluss sagte sie noch, dass das der Sinn von Weihnachten wäre, an Jesus Christus zu denken und daran, dass Gott ihn den Menschen zur Rettung geschickt hatte. Und dann holte Schwester Erna ein großes Blatt Papier und legte es auf den Tisch. „So, jetzt seid ihr an der Reihe, Kinder. Jetzt sagt mal einer nach dem anderen, was er sich zu Weihnachten gewünscht hat und das schreiben wir dann hier auf.“, sagte sie.
Und das erste Kind fing an und sagte seine Wünsche: „Schlittschuhe und ein Feuerwehrauto und ganz viel Süßigkeiten.“ Dann war das nächste Kind an der Reihe: „Bauklötze und eine Autorennbahn und eine Orgel“. Und so sammelten sich immer mehr Wünsche auf dem Blatt Papier, bis fast kein Platz mehr darauf war. Und ganz zum Schluss war Nina an der Reihe. „Na, liebe Nina, nun erzähl, was du dir dieses Jahr zu Weihnachten gewünscht hast“, sagte Schwester Erna zu ihr. Nina schaute verlegen in die Runde. Alle sahen sie gespannt an. Nina wusste nicht, was sie sagen sollte. Sollte sie einfach irgend etwas erfinden, damit die Blicke nicht mehr auf sie fielen? Nein, das wäre ja gelogen, das wollte sie nicht machen. Ihr fiel nichts Besseres ein, als ihren kleinen Zettel aus ihrer Hosentasche hervorzukramen. Sie nahm den Zettel und ging an das Tischende an dem Schwester Erna saß. Sie drückte ihr den Zettel in die Hand. Schwester Erna nahm ihn und sah ihn sich an. „Aber Nina, da steht ja gar nichts drauf!“. Verwundert blickte sie Nina an. Nina schüttelte nur mit dem Kopf. Schwester Erna schaute wieder auf den Zettel und dann wieder zu Nina. „Soll das heissen, dass du keinen Weihnachtswunsch hast?“ Nina nickte mit dem Kopf. „Oh, das habe ich aber noch nie erlebt, dass ein Kind keinen Weihnachtswunsch hat“, sagte Schwester Erna sichtlich erstaunt, „hast du denn noch nicht darüber nachgedacht?“.
Nina schaute Schwester Erna mit großen Augen an. Dann sagte sie:
Puppen, Autos, Anziehsachen
Dinge, die uns glücklich machen,
hab ich schon in großer Zahl
brauch’ nichts mehr für dieses Mal.
Ich frage mich, was wünsch ich mir?
Wieder mal ein Kuscheltier?
Oder eine Eisenbahn,
die im Kreise fahren kann?
Seit Tagen lässt mir keine Ruhe,
die Frage was ich denn nur tue.
Ein Wunsch, der soll es dringend sein
Allein - mir fällt grad keiner ein.
So ist mein Zettel leer geblieben,
nur zu gern hätte ich’s vermieden
Und so Schwester, frag ich dich:
Was ist das Beste wohl für mich?
Schwester Erna schaute Nina tief in die Augen. Sie konnte immer noch nicht ganz glauben, dass Nina keinen Weihnachtswunsch hatte. Noch nie war ihr ein Kind untergekommen, das schon alles hatte. Selbst die Kinder, die wirklich schon alles hatten, hatten trotzdem noch irgendwelche Wünsche. „Wissen deine Eltern davon?“, fragte Schwester Erna. Nina schüttelte mit dem Kopf. „Nein, in zwei Tagen muss ich meinen Zettel abgeben. Zwei Tage habe ich noch, in denen mir hoffentlich was einfällt.“, antwortete Nina.
Schwester Erna schaute in die Runde. Auch die anderen Kinder waren verblüfft. Mit offenen Mündern verfolgten sie das Geschehen. „Ihr wartet jetzt mal ein paar Minuten. Ihr könnt schon anfangen, ein paar von den Plätzchen zu essen, ich bin gleich wieder zurück“, sagte Schwester Erna zu den Kindern. Dann wandte sie sich wieder Nina zu. „Du kommst jetzt mal mit mir mit“, sagte sie. Dann nahm sie Nina bei der Hand und ging mit ihr in das Nebenzimmer. Da es nicht für die Weihnachtsfeier vorgesehen war, war dieser Raum nicht so feierlich geschmückt wie der andere. Hier gab es nur einen kargen Holztisch mit zwei Stühlen, einen Bücherschrank und ein Kreuz an der Wand. Unter dem Kreuz stand ein Spruch:
„Denn also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, damit alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben. Johannes 3,16“.
Schwester Erna bat Nina Platz zu nehmen. Sie setzte sich ebenfalls und sprach zu Nina: „Weißt du Nina, eigentlich erzähle ich das erst den Kindern, die schon etwas älter sind. Aber mir scheint, dass du schon soweit bist. Du weißt, dass wir Weihnachten feiern, um Jesus Christus zu gedenken, den Retter. Ihr habt das bisher mehr als schöne Geschichte wahrgenommen. Das haben wir alle als Kinder einmal. Aber es steckt viel mehr dahinter. Jesus sucht die Menschen, die sich von dieser Welt nicht mehr allzu viel erwarten, die selbst als Kind keinen materiellen Wunsch mehr haben. Nicht, dass du denkst, dass es verkehrt wäre, Wünsche zu haben. Nein, Gott erfüllt gerne Wünsche. Und es darf auch ruhig mal ein Kuscheltier sein. Aber Gott möchte uns sagen, dass es einen viel höheren Sinn im Leben gibt. Und dass wir uns hier auf Erden entscheiden müssen. Entweder suchen wir das Weltliche oder wir suchen das Göttliche. Jesus sagte einmal, dass er nicht von dieser Welt ist. Also muss es noch eine andere Welt geben. Das ist die Welt Gottes. Und Gott wünscht sich sehr, dass wir uns auf seine Welt ausrichten. Dass wir hier in dieser Welt leben, aber dass wir danach streben, einmal in seine Welt zu kommen. Und das ist das größte Geschenk, das es gibt. Einmal für immer in die Welt Gottes zu kommen. Möchtest du das?“
Nina war tief ergriffen. Sie spürte, dass sie das wollte. Sie wusste noch nicht, wie das alles geschehen sollte, aber tief in ihrem Herzen wusste sie, dass sie diesen tiefen Wunsch hatte, einmal in Gottes Welt zu kommen. In diesem Moment wurde ihr ganz klar, dass diese Welt nicht alles war. Schon oft hatte sie so eine Ahnung, dass es Gott geben musste. Immer wenn sie in der Kinderstunde beteten, dachte sie, dass ihr wirklich jemand im Himmel zuhört. Und ihr war klar, dass ihr auch jetzt wieder jemand zuhören würde. Nun wusste sie, was sie sich wünschen sollte. Schwester Erna hatte noch immer ihren leeren Zettel in der Hand. Sie bat sie, ihr den Zettel und einen Stift zu geben. Langsam und leserlich schrieb sie auf den Zettel: „Ich möchte einmal in Gottes Welt kommen!“. Als sie fertig geschrieben hatte, war sie überaus glücklich, dass sie endlich ihren Wunsch gefunden hatte. Schwester Erna schaute sie wissend an. Sie lächelte. Dann schauten sie gemeinsam auf das Kreuz an der Wand. Schwester Erna nahm den Zettel, faltete ihn ein paar Mal und steckte ihn in eine Ritze in dem Kreuz. „Gott kennt nun deinen Wunsch und er wird ihn dir erfüllen. Und von deinen Eltern wünschst du dir eine schöne Kinderbibel. Ich schreibe dir eine gute auf. Und wünsch dir ruhig noch ein Kuscheltier oder etwas anderes schönes. Denk dran, Gott möchte dich reich beschenken, er ist dein himmlischer Vater.“
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