"Wenn ihr nicht werdet wie ein Kind"
- Leseprobe -





"Wenn ihr nicht werdet wie ein Kind..."

Leseprobe aus dem Buch „Wenn ihr nicht werdet wie ein Kind“, Peter Hoeft, ISBN 3-86703-240-8, Engelsdorfer Verlag




Eines Tages brachte man kleine Kinder zu Jesus, weil er sie segnen und für sie beten sollte. Aber die Jünger wollten sie wegschicken: „Lasst ihn damit in Ruhe!“ Doch Jesus sagte: “Lasst die Kinder zu mir kommen und hindert sie nicht, denn für Menschen wie sie ist das Reich Gottes bestimmt.“ Er legte ihnen die Hände auf und segnete sie. Danach zog er weiter. (Matthäus 19, 13-15, Übersetzung Hoffnung für alle)
Im Markus- und im Lukasevangelium wird diese Begebenheit noch etwas ausführlicher geschildert: „Habt ihr denn immer noch nicht begriffen? Wer nicht wie ein kleines Kind voller Vertrauen zu Gott kommt, dem bleibt das Reich Gottes verschlossen.“ Dann nahm er die Kinder in seine Arme, legte ihnen die Hände auf und segnete sie. (Markus 10, 13-16)
Ganz offensichtlich haben Kinder den Erwachsenen in Gottes Augen etwas voraus. Lassen Sie uns gemeinsam herausbekommen, was das sein könnte. Was fällt Ihnen ganz spontan ein, wenn Sie sich ein kleines Kind vorstellen?

Ich denke zum Beispiel an Wesenszüge wie

Sind das nicht gerade die Eigenschaften, die wir Erwachsenen irgendwann abgelegt haben, weil man dieses oder jenes nicht mehr tut, einfach, weil es kindisch ist und sich für jemanden, der die Kindheitsphase hinter sich hat, nicht geziemt?
Im Gegensatz dazu scheinen diese Wesenszüge in Gottes Augen einen hohen Stellenwert zu haben. Sollte uns das nicht nachdenklich machen?


„Ich liebe die Kinder, sagt Gott, weil mein Bild in ihnen noch ungetrübt ist.“
Michel Quoist, 1921 – 1997, franz. Theologe und Autor



Nicht wir Großen sind offensichtlich der Maßstab, nach dem es auf dieser Welt zugehen soll – die Kinder sind es! Interessant ist in diesem Zusammenhang vielleicht auch, dass Gott sich entschied, in der Person Jesu als ein Mensch in diese Welt zu kommen – mit allen Entwicklungsphasen, die dazu gehören: vom Embryo, Säugling, Kleinkind und Jugendlichen bis zu einem jungen Erwachsenen von etwa dreißig Jahren. Nur das Alter konnte Christus aufgrund der Verurteilung und anschließenden Kreuzigung bekanntlich nicht erleben.

Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder … Betrachten wir also einmal ein kleines Kind.
Da ist dieses sprichwörtliche Urvertrauen zu Mutter und Vater, bei denen es sich geborgen weiß.
Da ist Vorfreude auf die Spielsachen, die es sich zum Geburtstag oder zu Weihnachten gewünscht hat und fröhliches Jauchzen über den Unsinn, den die Zirkusclowns in der Manege anstellen.
Da ist staunende Offenheit für eine Welt um uns herum, die jeden Tag voller neuer Geheimnisse ist: den dicken Käfer, der vor ihm auf dem Pfad herumkrabbelt, die lange Raupe auf dem Blatt, die Wellen, die Muscheln und Seetang an den Strand spülen, der Regenbogen am Himmel.
Können wir eigentlich noch staunen oder haben wir uns das längst abgewöhnt, weil wir meinen, für alles eine Erklärung gefunden zu haben? Staunen auch über das Wunder Mensch mit seinen vielfältigen und äußerst komplizieren Körperfunktionen, die sich eigentlich nur ein genialer Erfinder ausgedacht haben kann?
Norman Vincent Peale schrieb einmal:
„Hier sitzt du nun, zusammengehalten von einem fabelhaften Geflecht geschmeidiger Muskeln, Sehnen und Knorpeln, alle bequem verpackt in einer riesigen Hülle, der so genannten Haut, die ihrerseits buchstäblich aus Milliarden von Zellen besteht, von denen jede einzelne in jeder Sekunde geschäftig ist, sich entspannt, etwas ausscheidet und wieder aufbaut. Doch du nimmst diesen deinen unglaublichen Körper als selbstverständlich hin, es sei denn, etwas stimmt nicht damit. Selbst der Psalmist bemerkte vor hunderten von Jahren: Ich bin so herrlich bereitet, so wunderbar.““
Der menschliche Körper ist ein Wunder und jeder einzelne Mensch ist einzigartig. Der Liedermacher und Programmdirektor des ERF, Jürgen Werth hat darüber ein wunderschönes Lied geschrieben, in dem es heißt: „Du bist gewollt, kein Kind des Zufalls, keine Laune der Natur, ganz egal, ob du dein Lebenslied in Moll singst oder Dur. Du bist ein Gedanke Gottes, ein genialer noch dazu. Du bist Du.“
Leider ist es eine Tatsache, dass die meisten Menschen zwar als Original geboren werden, aber als Kopie sterben. So hat es Pablo Picasso einmal ausgedrückt.


„Das Glück deines Lebens hängt von der Beschaffenheit deiner Gedanken ab.“
Marc Aurel, röm. Philosoph und Kaiser



Noch einmal zur Offenheit dem Neuen gegenüber: Wie ist das bei Ihnen? Unter uns gesagt – ich bin leider einer der vielen Menschen, die eher besorgt in die Zukunft schauen. Schließlich gibt es ja auch genügend Gründe dafür – sei es nun die Gefahr durch Terroranschläge, Naturkatastrophen und die nicht gerade rosigen Wirtschaftsaussichten.
Trotzdem – durch alle unsere Sorgen und Ängste können wir die Zukunft nicht ändern. Was kommt, das kommt und an den meisten Dingen können wir nicht wirklich etwas ändern. Deshalb mein Rat, an dessen praktischer Umsetzung ich selber immer wieder arbeiten muss: Verbannen Sie die negativen Gedanken an die Zukunft aus Ihrem Denken, genauso wie alles, was Sie vielleicht an Unangenehmen oder Schlimmem in der Vergangenheit erlebt haben. Versuchen Sie, Menschen, die an Ihnen schuldig geworden sind, so gut es irgend geht zu vergeben. Dale Carnegie rät seinen Lesern: “Schalten Sie die Vergangenheit ab, so wie Sie eine Tür hinter sich schließen.“
Das ist sicher nicht leicht, aber auch nicht unmöglich.
Machen Sie es wie die kleinen Kinder. Sie sind spontan, leben Moment für Moment, ohne sich um die Zukunft zu sorgen und über die Vergangenheit zu grämen oder ihr – auch das tun ja viele Menschen - nachzutrauern. Denn früher war eben nicht alles besser, wie manche behaupten. Auch da gab es Katastrophen, Hungersnöte, wirtschaftliche Probleme und zwei furchtbare Weltkriege.


Lebenslust ganz neu entdecken

Wenn Sie kleine Kinder beobachten, stellen Sie schnell fest, dass sie noch etwas besitzen, das uns „Großen“ oftmals längst buchstäblich vergangen ist – Lebenslust, Freude an den kleinen Dingen des Alltags und den Wundern, die uns umgeben und für die wir meist keinen Blick mehr übrig haben.
Lust, dieser Begriff ist für viele Menschen ja erst einmal negativ besetzt. Lust ist unmoralisch und böse, erinnert an lüstern. Ganz anders der Gebrauch dieses Wortes in der Bibel:

Hier geht es um Freude an Gott und an der Liebe zu ihm, nicht um irgendetwas unmoralisches.


Wikipedia. Die freie Enzyklopädie beschreibt Lust als:
eine intensive, angenehme Weise des Erlebens, die sich auf verschiedenen Ebenen zeigen kann.



Lust am Leben bedeutet nichts anderes als Lebensfreude pur. Menschen, die so leben, bezeichnen wir als lebenslustig. Natürlich gibt es auch den Begriff Leben nach dem Lustprinzip. Siegmund Freud prägte diese These, nach der manche Menschen – heute sicher mehr als vor ein oder zwei Generationen – in erster Linie für die Erfüllung ihrer eigenen, meist sexuellen Bedürfnisse leben. Lust kann entarten, kann pervertieren oder auch ins Gegenteil umschlagen, zur Unlust werden. Man empfindet keine Freude mehr, hat an nichts mehr Spaß, leidet unter Lustlosigkeit.
Selbst Kindern, die sich in den ersten Jahren noch sehr gut beschäftigen können, fehlt irgendwann immer öfter die Lust, irgendetwas zu tun, stattdessen regiert die Langeweile.

Verlorene Lebenslust – kann man sich die wieder aneignen? In einer Gesellschaft, die uns die Freude an allem möglichen vermiesen will, ist das sicher nicht einfach. Beispiel Ernährung: Lassen Sie das lieber, essen Sie jenes besser nicht, halten Sie sich davor zurück, die selbsternannten Gesundheitsapostel der neuen „Weltreligion Fitness“ – wie Manfred Lütz sie in seinem Buch Lebenslust nennt – deren höchstes Gut und Glück die Gesundheit ist:
sie sind im Grunde die Feinde aller Lebenslust. Ich denke dabei zum Beispiel an Menschen, die sich mit gequälter Miene in Fitnesstudios an irgendwelchen Geräten abmühen oder mit verhärmten Gesichtern während kilometerlanger Jogging-Läufe die letzten Reserven aus sich herauspumpen. Von Lebensgenuss oder –lust ist da nicht viel zu sehen, auch wenn immer wieder behauptet wird, dass Jogging, Rennradfahren usw. Glückshormone ausschüttet. Der eine oder andere mag ja durch Extremsport durchaus seinen Lustgewinn haben, verallgemeinern lässt sich das aber sicher nicht und gerade Joggen ist auch nicht für jedermann geeignet. Wer sich für diese Sportart entscheidet und bereits über vierzig ist, sollte vorher unbedingt seinen Hausarzt aufsuchen und abklären, ob Dauerlauf das Richtige für ihn ist.

„Hauptsache gesund! Unsere Gesundheit ist das höchste Gut.“
Ich behaupte, dass dieser bei vielen Geburtstagsfeiern benutzte Satz einfach nicht stimmt. Denn was hilft es einem Menschen, zwar organisch völlig gesund und körperlich topfit zu sein, aber eine kranke Seele zu haben und vielleicht unter Minderwertigkeitsgefühlen oder Ängsten zu leiden? Wie kann ein so leicht zerbrechliches Gut wie die Gesundheit das allerwichtigste im Leben sein? Wie schnell kann ein Mensch erkranken, die Diagnose unheilbar bekommen? Ist sein Leben, ist dieser Mensch nun nichts mehr wert?
Dass wir uns nicht falsch verstehen – die Gesundheit ist etwas sehr Wichtiges, und jeder sollte dafür dankbar sein! Doch unsere Seligkeit, unser Lebensglück hängt nicht unbedingt davon ab. Es gibt genügend Menschen, die trotz gesundheitlicher Einschränkungen ein erfülltes Leben führen. Mir fällt zum Beispiel die Amerikanerin Joni Eareckson-Tada ein. Mit siebzehn hatte sie einen Badeunfall und ist seitdem Tetraplegikerin, also vom Hals ab gelähmt. Als überzeugte Christin hat Joni Eareckson-Tada anfangs gehofft, dass Gott vielleicht ein Wunder tun und sie heilen würde. Dem war nicht so, und die begeisterte Reiterin musste sich mit dem Gedanken abfinden, nie wieder auf einem Pferderücken sitzen zu können. Doch die junge Frau gab nicht auf. Inzwischen ist sie Autorin mehrerer Bücher, malt mit dem Mund wunderschöne Landschaftsbilder und leitet die internationale Behinderten-Hilfsorganisation Joni and Friends. Die sympathische, seit einigen Jahren verheiratete Amerikanerin ist ein eindrucksvolles Beispiel dafür, dass mit dem Verlust von Gesundheit nicht automatisch alles aus ist, sondern das Leben immer noch eine hohe Qualität haben kann.

Wäre dem nicht so, bräuchte man sich um todkranke - und damit „lebensunwerte“ - Menschen nicht mehr kümmern, sondern könnte diese nach holländischem Vorbild auch bei uns von ihrem bemitleidenswerten Zustand befreien. Kritiker der Euthanasie in den Niederlanden befürchten übrigens, dass der Druck auf alte Menschen immer mehr wachsen wird und demente und behinderte Menschen die nächsten sind, die der aktiven Sterbehilfe zum Opfer fallen. Bekanntlich gehörte es schon zur Ideologie der Nationalsozialisten: Je gesünder, desto wertvoller der Mensch. So starben vor nicht einmal siebzig Jahren tausende, weil sie Epileptiker oder geistig verwirrt waren, einen Klumpfuß hatten oder unter Osteoporose litten!
Gesundheit als der höchste Wert, was für ein Irrtum. Gerade als Altenpfleger und ehrenamtlicher Mitarbeiter eines Betreuungsangebotes für demente alte Menschen, erlebe ich immer wieder, wie viel Freude und Lebenslust diese teils mehr, teil weniger verwirrten Menschen zum Beispiel beim gemeinsamen Singen oder miteinander feiern noch empfinden können. Wer wollte ihnen ernsthaft das Recht zum Leben absprechen?

Wir leben in einer Gesellschaft, in der vor allem Äußerlichkeiten wie Fitness, Gesundheit und gutes Aussehen zählen, „Werte“, die aus wirtschaftlichen Gründen hochgepuscht werden. Noch einmal: Nichts gegen einen gesunden Lebensstil. Doch Lebensqualität und Lebenslust sind etwas anderes, als uns die Medien täglich vierundzwanzig Stunden lang vorspielen wollen. Um das Leben genießen zu können, muss man nicht wie dieser oder jener Hollywood-Schauspieler aussehen, muss frau sich nicht ihren Busen vergrößern oder ihre Lippen aufspritzen lassen. Lebenslust kommt dann in unser Leben hinein, wenn wir wie kleine Kinder wieder einen Blick für das Wesentliche und Unverfälschte entwickeln und uns von den falschen Idealen und Götzen abwenden, denen unsere Gesellschaft huldigt und denen Kinder in den ersten Jahren noch nicht zum Opfer fallen.

Begeisterung!

„Ein Mensch kann fast alles erreichen, für das er unbegrenzte Begeisterung aufbringt“, behauptete Walter Chrysler, der deutsch-amerikanische Automobil-Pionier einmal. Begeisterung ist das Backpulver des Lebens. Ohne bleiben wir flach liegen, mit ihm aber erheben wir uns, werden aktiv und erreichen unser Ziel. Dabei ist es nicht so sehr entscheidend, wo wir herkommen oder wer wir sind, wichtig ist der feste Wille und die Begeisterung, die wir dafür aufbringen.
„Enthusiasmus, nicht Herkunft wird siegen!“ sagt der amerikanische Rocksänger Jon Bon Jovi deshalb einmal.
Einige eindrucksvolle Beispiele und Beweise für diese Behauptung sind

und unzählige andere Erfolgsgeschichten, deren Anfang mit der Begeisterung eines oder einer Gruppe von Menschen für ihr persönliches Ziel oder Projekt begann.
Ehrliche, herzliche Begeisterung ist einer der wirksamsten Erfolgsfaktoren. (Dale Carnegie) Wenn Sie in irgendetwas erfolgreich sein möchten, begeistern Sie sich selbst und andere dafür. Auch hier können uns Kinder ein Vorbild sein: Sie können sich meist noch begeistern und diese Begeisterung auch zeigen, einfach, weil sie noch nicht gelernt haben, ihre Gefühle zu verbergen und eine Maske zu tragen, wie wir „Großen“ es leider so oft tun.


„Zwei Dinge sollen Kinder von ihren Eltern bekommen: Wurzeln und Flügel.“
Johann Wolfgang von Goethe



Norman Vincent Peale bezeichnet diesen Mangel an Begeisterung als Psychosklerose. Er beschreibt damit eine Verhärtung der menschlichen Denkweise und Geisteshaltung, so wie der Begriff Arteriosklerose für die Verhärtung und Verkalkung der menschlichen Arterien steht.
„Psychosklerose beschreibt treffend den Zustand vieler Menschen, die keine Interessen mehr haben und deren Denkweise eng und unbeweglich geworden ist“, schreibt er in seinem Buch Was Begeisterung vermag. „Und eines der wirksamsten Gegenmittel gegen dieses seelische Leiden ist Begeisterung.“

Wenn ein Mensch auf die Welt kommt, gibt ihm der Schöpfer Begeisterung mit auf seinen Lebensweg. Die ersten Jahre ist er normalerweise noch voller Staunen und natürlicher Erregung über alles, was um ihn herum geschieht. Doch je älter er wird, desto abgeklärter, ja, vielleicht sogar zynischer wird er. Die Freude und Begeisterung der Kindheit und der Schwung der Jugend sind dahin. Gründe sind meist Enttäuschungen, unerfüllte Hoffnungen und ungestillter Ehrgeiz. Damit wir nicht psychisch verkalken, ist es wichtig, uns die natürliche, von Gott in jeden Menschen hineingelegte Begeisterung zu bewahren.






Peter Hoeft



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