Von der falschen Sicherheit
- Eine Meditation -





Von der falschen Sicherheit (2)




Nein, er Josef, wollte sich jetzt nicht verrückt machen lassen, sondern
das Gespräch mit dem Pfarrer abwarten.
Zu Hause fängt Josef an zu grübeln, das mit der Vergänglichkeit,
das hat ihn getroffen.
Das irgendwann mal so einfach Schluss ist?
Wofür habe ich geschuftet, fragt er sich? Sollte ich da nichts von
haben?
Der Mittwoch naht, Josef schaut auf die Uhr, Zeit, zum Pfarrer zu
gehen. Fast möchte er das Gespräch absagen, aber dann denkt
er: Schaden kann es ja nicht.
Und so macht er sich auf den Weg.
Am Pfarrhaus angelangt, steht der Pfarrer Pfeife rauchend an der
Tür und empfängt seinen Gast. Kommen sie rein und nehmen sie
Platz. Wo brennt es denn? fragt der Pfarrer.
Josef ringt nach Worten, ja wissen sie fängt er an, ich hatte da so
einen blöden Traum. Und Josef erzählt dem Pfarrer sein Erlebnis.
Ja, sagt der Pfarrer, beschäftigen sie sich viel mit Geld?
Josef errötet leicht, natürlich, mein Betrieb muss laufen, muss
Gewinn machen.
Selbstverständlich, so ein Betrieb muss rationell arbeiten und
Gewinne einfahren, sonst geht er pleite, sagt der Pfarrer.
Inwieweit lassen sie denn ihre Mitarbeiter am Gewinn teilhaben?
Zahlen sie Weihnachtsgeld?? fragt der Pfarrer.
Ehrlich gesagt nein, antwortet Josef etwas verlegen, darüber habe
ich noch nicht nachgedacht. Dann sollten sie das mal tun, entgegnet
der Pfarrer.
Aber ich zahle Tariflohn, ereifert sich Josef.
Na prüfen sie mal, ob da nicht noch etwas mehr Gewinnbeteiligung
für ihre Leute drin liegt, sagt der Pfarrer.
Ja, das will ich wohl tun, sagt Josef.
Aber was hat das alles mit diesem blöden Traum zu tun?
Nun, ich will ihnen was sagen, sagt der Pfarrer, sie haben bisher
nur an sich selbst gedacht.
Sie haben, wenn man es so sagen darf, aufs falsche Pferd gesetzt.
Reichtum an sich, ist keine Sünde, aber wer meint, damit auch nur
eine Spanne seines Lebens zu verlängern, der irrt.
Sie haben einfach vergessen, wer ihnen das alles geschenkt hat, was
sie da besitzen.
Ihre Gesundheit, ihr Erfolg, ist nicht nur Ergebnis ihres Fleißes und
Könnens. Wem haben sie denn den so guten Sommer zu verdanken?
Wem verdanken sie denn ihr Können, ihre Gesundheit?
Und ihren Hof, den haben sie doch mal von ihrem Vater geerbt, wenn
ich mich recht erinnere, sagt der Pfarrer.
Er ist ein Geschenk. Ihnen war bislang alles zu selbstverständlich.
Josef schaut beschämt zur Seite, ja denkt er, so war es.
Denken sie mal in Ruhe über alles nach, sagt der Pfarrer, wir können
das Gespräch gerne irgendwann fortsetzen.
Ja, sagt Josef, werde mir das alles mal durch den Kopf gehen lassen.
Der Pfarrer nickt und verabschiedet seinen Gast mit einem gut
gemeinten Schulterklopfen.
Draußen atmet Josef erst einmal tief durch und denkt bei sich:
Der hat mir ganz schön den Kopf gewaschen, aber Recht hat
er.
Zu Hause angekommen stellt sich Josef vor einen Spiegel, schaut
sich an und sagt zu sich selbst: das bist du also, ein Egoist.
Er beschließt eine Betriebsversammlung einzuberufen.
Überall im Betrieb hängen am nächsten Tag kleine Schilder und
weisen auf die Betriebsversammlung am morgigen Mittag hin.
Am nächsten Tag erscheint die komplette Mannschaft seines
Betriebes. Nach der Begrüßung teilt Josef seinen Mitarbeitern
mit, das es Zeit sei für betriebliche Veränderungen.
In diesem Jahr werde es erstmalig Weihnachtsgeld geben. Die
Leute klatschen Beifall. Und im Neuen Jahr werde jeder am
Geschäftsgewinn beteiligt. Wieder klatschen alle Leute.
Josef verlässt die Versammlung.
Die Leute fangen an zu raten und zu diskutieren, was wohl in ihren
Chef gefahren sei? Der habe sich irgendwie verändert.
Josef ist zufrieden mit sich.
Am kommenden Sonntag, Josef geht zur Kirche, erzählt er dem
Pfarrer stolz, was er getan habe.
Gut gemacht alter Junge, sagt der Pfarrer, da haben sie eine
Menge Menschen glücklich gemacht.
Und wie fühlen sie sich jetzt, fragt der Pfarrer?
Freier, viel freier, das Leben hat einen neuen Sinn bekommen, ich lebe
nicht mehr für mich alleine, denke nicht nur an mein Heil, sondern
sehe mich als Teil dieser Gemeinschaft, für welche ich auch
Verantwortung trage.
Und im Übrigen, meinen Erfolg verdanke ich ja nicht zuletzt auch
meinen Angestellten.
Sie sind auf dem richtigen Wege, sagt der Pfarrer, hoffentlich
bleibt es so!
Übrigens, sagt der Pfarrer, lesen sie mal Lukas 12, da ist die
Rede von einem Mann, dem es ähnlich wie ihnen ergangen ist.
Sie haben doch eine Bibel, oder?
Ja, ja erwidert Josef, obwohl er sich nicht sicher ist, denn er hat sie
seit der Konfirmation nicht mehr benutzt und das ist lange her.
Zu Hause sucht Josef die Bibel, die er nach langem Suchen auch
findet, sie lag sehr versteckt.
Was hat der Pfarrer gesagt, wo soll ich lesen?
Ach, ja, Lukas 12. Wo steht das, im Alten oder im Neuen
Testament?
Nach umständlichem Suchen hat er endlich den Text gefunden.
Er liest die Geschichte vom reichen Kornbauern.
Ihm ist plötzlich, als habe er ein Brett vor den Kopf bekommen.
Das bin ich, stammelt er, er sieht sich wie im Spiegel.
Das ist meine Geschichte, ja, das bin ich.
Zeit, das Leben noch einmal ganz neu in den Griff zu bekommen?
Ich habe die Jahre nur geackert, meine Bilanzen bestimmten
mein Leben. Es wird Zeit für einen Urlaub, mal raus aus diesem
Alltag.
Gesagt getan, Josef bucht nach Weihnachten eine Reise nach
Ägypten, eine achttägige Nilkreuzfahrt.
„Ach wie flüchtig, ach wie nichtig, ist der Menschen Leben.“ EKG 528
Er wird von dieser Reise nicht zurückkommen, auf Grund eines
technischen Defektes stürzt die Maschine in der Nähe von Kairo
ab, keiner der Insassen überlebt.



Wolfgang Müller
Zum Anfang:
Seite 1





Seite 2
[ 1, 2 ]



Vom selben Autor:
Gedanken eines Synodalen
Odyssee eines jungen Mannes
Volkstrauertag
Gesegnete Weihnacht


Startseite: www.christliche-autoren.de
Übersicht Andachten: christliche Andachten


In christliche-autoren.de suchen:



• Für www.christliche-autoren.de

www.christliche-autoren.de - Ein evangelistisches Projekt gläubiger Christen.
In Kooperation mit Lichtarbeiter & Jahreslosung 2012 & Weihnachtsgedichte