Vom Sinn des Lebens
- christliche Kurzgeschichte -





Vom Sinn des Lebens (1)




Eigentlich wollte ich nur meinen Pass verlängern.
Mir kam da so eine Idee, als ich neulich zu einer
Behörde fuhr, entdeckte ich im Gebäude ein kleines
Glashäuschen, durch ein kleines Loch im Fenster konnte
man mit einer Dame sprechen.
Oben am Glashäuschen war ein Schild mit der Aufschrift:
„Auskunft“ und dieses Schild inspirierte mich.
Was eigentlich ein Scherz sein sollte, das löste etwas aus.
Ich schaute durch das Loch, eine junge Dame erhob sich
von ihrem Stuhl und kam auf mich zu.
Freundlich schaute sie mich an und fragte: “was kann ich für
Sie tun?“
Ich wüsste gerne was der Sinn des Lebens ist, fragte ich.
Die Dame lachte, schaute mich an und fragte erneut, womit
sie mir dienen könne.
Ich wüsste gerne, was der Sinn des Lebens ist, gab ich
erneut zur Antwort.
Nun hören sie mal auf, sagte die Dame, nicht mehr ganz
so freundlich, wo wollen sie hin?
Ich möchte nur wissen, was der Sinn des Lebens ist, sagte
ich.
Damit kann ich nicht dienen, sagte die Dame.
Aber, sagte ich, hier steht doch “Auskunft“ und zeigte mit
dem Finger auf das Schild.
Dann gehen sie mal lieber zur Kirche, sagte die Dame,
vielleicht kann man ihnen dort helfen.
Na das ist ja schon was, sagte ich, wenigstens haben
sie mir die richtige Adresse gegeben.
Vielen Dank.
Beim hinausgehen sah ich noch, wie die Dame den
Kopf schüttelte und sich an die Stirn tippte.
Also machte ich mich auf zur Kirche. Das Gemeindehaus
waren nur wenige Schritte von der Stadtverwaltung entfernt.
Als ich beim Kirchenbüro ankam, las ich draußen, das dass
Büro geöffnet hatte. Also nichts wie hinein.
Ich klopfte an, „herein“ hörte ich. Eine Dame, sie telefonierte,
deutete mit dem Finger auf einen Stuhl, das ich mich
setzen solle.
Als sie den Hörer nach einer Weile auflegte, fragte sie
freundlich: „was kann ich für sie tun“?
Ich wüsste gerne, was der Sinn des Lebens ist, antwortete ich.
Die Dame guckte mich etwas verdattert an, was meinen
sie?
Ich wollte wissen, was der Sinn des Lebens ist, wiederholte
ich mein Anliegen.
Die Dame war immer noch sprachlos und ich wette, die
dachte, ich bin verrückt.
Dann erhob sie sich aber und sagte: damit kann ich ihnen
nicht helfen, da müssen sie zum Pastor gehen.
Ach sagte ich, schade, ich dachte, sie……
Nein, damit haben wir nichts zu tun, sagte die Dame.
Aber es wundert mich doch, dass sie nicht wissen, was der
Sinn des Lebens ist, sagte ich.
Nein sagte die Dame, tut mir leid, das ich ihnen da
nicht helfen kann.
Und wo finde ich einen Pastor?
Die Dame drückte mir einen Gemeindebrief in die Hand,
deutete mit dem Finger auf die Adresse des Pastors und
sagte: da rufen sie mal an, am besten abends.
Na ja, sagte ich, vielen Dank und auf Wiedersehen.
Draußen kratze ich mich erst einmal am Kopf, für mich
unverständlich, dass eine Gemeindesekretärin im
Kirchenbüro nicht weiß, was der Sinn des Lebens ist.
Während ich langsam nach Hause ging überlegte ich,
was wäre gewesen, man hätte mich gefragt, was der
Sinn des Lebens ist. Und da musste ich mir eingestehen,
das ich auf Anhieb auch ins Schleudern gekommen wäre.
Vielleicht wäre mir auch nicht viel eingefallen wie: Vertrauen
auf Gott und so.
Aber ob das den Fragenden befriedigt hätte? Wohl kaum.
So begann ich mir zunächst einmal Gedanken zu machen
und Stichworte zu notieren:
Gottvertrauen
Ist mir sehr wichtig und eine bedeutende Lebenserfahrung.
Arbeit
Ein Job, ein Beruf der Spaß macht, der einen ausfüllt und
erfüllt und die nötige „Kohle“ reinbringt.
Eine glückliche Ehe
Eine Partnerin, eine harmonische Ehe und Kinder.
Nette Mitmenschen
Die sind so wichtig, wie das tägliche Brot.
Gesundheit
Steht sehr hoch im Kurs
Ein gutes Auskommen
Finanziell gut über die Runden kommen.
Nun, das war schon eine Menge.

Zu Hause angekommen, ich schaute auf die Uhr, na, dachte
Ich, versuch dein Glück und ruf den Pastor an.
Kaum hatte ich die Nummer gewählt, meldete sich am
anderen Ende schon die Stimme des Pastors.
Ich nannte meinen Namen und bat um einen Termin.
Worum geht es denn? Fragte der Pastor.
Ach, sagte ich, ich möchte gerne mal etwas mit ihnen
besprechen.
Und sie können nicht sagen worum es geht, fragte der
Pastor noch einmal.
Nein sagte ich, am Telefon möchte ich das nicht.
Ich vernahm ein leises Stöhnen des Pastors, dann sagte
er: passt es ihnen Dienstag nächste Woche um 20.00 Uhr?
Ja, sagte ich, toll, bedankte mich und legte auf.
Kommt nicht in Frage, der soll noch nicht wissen worum
es geht, ich will ihn überraschen.
Er soll spontan antworten müssen.
Ein wenig zynisch und schadenfroh rieb ich mir die Hände.
In der Zwischenzeit befasste ich mich weiter mit dem
Sinn des Lebens, schaute im Internet nach, wälzte Bücher
und so weiter.
Ich fieberte dem Tag entgegen, was würde ich wohl zu
Hören bekommen?
Da fällt mir gerade ein, das ich noch einen Pastor anrufen
wollte, welcher neu im Kirchenkreis ist.
Aber seine Telefonnummer?
Ach denke ich, rufst die Auskunft an. Gesagt, getan.
Sagt man nicht: Da werden sie geholfen?
Eine piepsige Mädchenstimme meldet sich: Guten Tag,
mein Name ist Monika Ehrlich, was kann ich für sie tun?
Ich nenne der Dame mein Anliegen, nach kurzer Zeit
teilt sie mir mit, das die genannte Person noch nicht gemeldet
sei und sie mir leider nicht weiterhelfen könne.
Schade sage ich, aber Moment mal, ich hätte noch eine
Frage - was ist der Sinn des Lebens?
Sie lacht und sagt: sie sind ja lustig.
Aber ich meine es ernst, sage ich.
Na ja, weil sie es sind: Beruf, nette Leute kennen und so.
Vielen Dank für die Auskunft und schönen Tag noch,
sage ich.
Ebenso, kommt es vom anderen Ende.
Der Sinn des Lebens, das Gegenteil vom Unsinn?
Die Sinnlosigkeit so manchen Unternehmens.
Sinnlosigkeit des Krieges.
Das macht keinen Sinn, so sagt man auch.
Eigensinn, auch hier ist der Sinn drin.
Nachsinnen, Ersinnen.
Meine Güte, was ist mit mir los?
Bin ich von Sinnen?
Die sieben Sinne.
Sinnvoll.
Halt, ich bin kein Philosoph, es reicht.
Ich möchte doch nur eines wissen: „Was ist der Sinn des
Lebens?“ Hat es überhaupt einen Sinn, oder liegt schon
alles fest?
Was macht dieses Leben lebenswert und schön, was ist
seine Bestimmung?
Ich für mein Teil bin glücklich und zufrieden, kann nicht klagen.
Eigentlich erübrigt sich die Frage nach dem Sinn des
Lebens für mich. Aber ich habe die Sache ins Rollen gebracht
und will sie auch zu Ende führen.
Vielleicht kommt ja was Tolles raus am Ende.
Warum nicht mal einen Pastor ein wenig auf die
Schippe nehmen? Die wissen doch sonst auch alles, die
Geistlichkeit.
Würde gerne am Sonntag nach dem Gottesdienst mal
Gemeindeglieder zu dem Thema interviewen.
Mal Konfirmanden fragen.
Oh, ich kenne viele Leute, werde mich noch bis Dienstag
ein wenig umhören.
Die Sache macht Spaß!
Am Sonntag nach dem Gottesdienst spreche ich eine
Bekannte an: Was ist der Sinn des Lebens?
Sie lächelt erstaunt und sagt: an Gott glauben.
Oh, da kommt ein Konfirmand, Nachbars Sohn. Ich winke ihn
her und frage ihn: Weißt du, was der Sinn des Lebens ist?
Er verzieht das Gesicht, guckt mich an und sagt: Nö.
Ei, da sehe ich den Organisten in der Kirchentüre stehen.
Ich eile zu ihm und sage: lieber Kollege, was ist der Sinn
des Lebens?
Er lacht und sagt: wie kommst du denn auf diese Frage?
Weil sie mich interessiert sage ich ihm.
Och ne, hab keine Ahnung sagt er.
Dann fügt er hinzu: an Gott glauben, zufrieden sein und so.
Danke sage ich.
Ich gehe nach Hause.
Den Rest des Sonntags verbringe ich mit Nachdenken.
Am Montag will noch etwas Informationen sammeln, ehe
ich Dienstag beim Pastor vorstellig werde.
Ach ja, da ist am Montag die Beerdigung einer Nachbarin.
Habe sie nicht besonders gekannt, aber ich werde hingehen,
eine neue Gelegenheit.
Am Montag nach dem Friedhofsgang frage ich einen Bekannten
auf dem Friedhof nach dem Sinn des Lebens. Er guckt mich an
und fragt zurück: wie kommst du denn darauf?
Nur so, sage ich. Nun?
Ach, da gibt es so vieles, meint er.
Gesundheit, langes Leben.
Unsere Wege trennen sich, als mir eine blutjunge Dame
über den Weg läuft, sie schiebt einen Kinderwagen vor
sich her.
Darf ich sie was fragen?, spreche ich sie an.
Ja bitte, sagt sie freundlich.
Was ist der Sinn des Lebens?
Gesundheit – Kinder – Arbeit – sagt sie spontan.
Ich bin „weggetreten“.
Danke sage ich und will weiter gehen.
Doch sie dreht sich um und fragt: warum wollten sie das wissen?
Nur so, sage ich.
Ach ja.
Der ersehnte Tag ist da. Heute Abend werde ich dem Pastor
einen Besuch abstatten.
Sicher wird er überrascht sein, mit meiner Frage konfrontiert
zu werden, hoffe ich jedenfalls.
Ich will nicht zynisch werden, bin aber sehr gespannt.
Ob der Pastor mit einer solchen Frage wie meiner, schon
mal in Verbindung kam?
Ich denke, mehr als einmal. Vielleicht stellt er mich auch
heute Abend kalt, überrumpelt mich.
Möchte wetten, er kann auf Anhieb keine Antwort finden.
Es ist 19.30 Uhr und ich mache mich auf den Weg zum
Pastor.
Mittlerweile befallen mich aber schon Skrupel. Was will
ich eigentlich bezwecken? Will ich dem Pastor eins auswischen,
ihn bloßstellen?
Suche ich Bestätigung?
Das ganze entsprang ja einem Spaß, als ich in der
Stadtverwaltung das Schild „Auskunft“ las. Und dann kam
es zu einer Kettenreaktion.



Wolfgang Müller

Fortsetzung:
Seite 2






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