Vom Sinn des Lebens
- christliche Kurzgeschichte -





Vom Sinn des Lebens (2)




Nun sitze ich in der Falle, was ist, wenn der Pastor die
Frage an mich zurück gibt?
Ich überlege schnell, was ich dann antworten könnte, ja,
auf alles muss ich gefasst sein.
Der Pastor wird sicherlich zu gut wissen, wie man mit
geistigen Waffen kämpft.
Was ist, wenn er mich durchschaut, merkt, dass ich ihn
blamieren will.
Ich kämpfe mit mir, soll ich zurück gehen und ihn anrufen,
ich sei krank oder so?
Waschlappen, sage ich zu mir, sei ein Mann.
Und schon stehe ich vor Pastors Tür.
Gerade will ich den Klingelknopf drücken, sich die Türe
schon öffnet, eine Hand streckt sich mir entgegen, kommen
sie rein.
Wollen sie ablegen? Ein wenig unbeholfen entledige ich
mich meiner Jacke, der Pastor hängt sie auf einen Bügel
und deutet mit der Hand in sein Amtszimmer einzutreten.
Ich staune, Bücher und noch einmal Bücher und schöne
alte antike Möbel.
Wir setzen uns an einen kleinen runden Tisch.
Sie sind Herr….. Schulze, sage ich schnell, Ditmar Schulze.
Ah ja, sagt der Pastor.
Und was führt sie zu mir?
Tja, ich habe da einfach mal so eine Frage auf dem Herzen.
Nämlich, was ist der Sinn des Lebens?
Der Pastor guckt mich an, dann fragt er: möchten sie was
Trinken? Einen Tee, oder Bier?
Ich habe das Gefühl, ihn überrascht zu haben, er versucht
Zeit zu gewinnen, daher die Frage nach dem Trinken.
Och ja, ein Bier könnte nicht schaden sage ich.
Er geht raus, kommt nach einer Weile mit zwei Flaschen
Bier und zwei Gläsern zurück.
Während er die Flaschen öffnet, einschenkt und sich wieder
Hinsetzt, gibt er die Frage an mich zurück.
Was ist denn nach ihrer Meinung der Sinn des Lebens,
fragt er.
Ich laufe rot an, er hat mich überrumpelt, Mist.
Ja, sage ich, an Gott glauben, arbeiten, Nächstenliebe
Üben und so, sage ich.
Na, dann sind wir uns ja schon einig, sagt der Pastor,
mehr hätte ich auch nicht anzubieten.
Nein?
Ich bin erstaunt.
Wie sind sie denn auf diese Frage gekommen, mein Lieber?
Nun erzähle ich ihm meine Geschichte, wie es dazu kam,
das ich nach dem Sinn des Lebens fragte.
Der Pfarrer lacht, ja das war wirklich eine gute Idee, sagt er.
Ich hätte Lust am Sonntag mal Gemeindeglieder zu befragen.
Aber erst mal zurück zu ihrer Frage.
Im Grunde haben sie ja eine Frage angestoßen, die die
Menschheit seit Jahrtausenden bewegt. Ihre Frage war
das Thema aller großen Philosophen und ist es noch.
Woher kommen wir, wohin gehen wir, wozu sind wir hier?
Um einen Sinn erfülltes Leben zu führen, muss man natürlich
erst einmal den Sinn wissen.
Ich meine, wir kommen aus dem Geheimnis Gottes, wir
haben einen Auftrag, nämlich diese Erde zu verwalten.
Arbeit, Familie alles das gehört zu einem Sinnvollen
Leben. Und immer muss ich das Gemein- oder Allgemeinwohl
Im Auge haben.
Als tragendes Fundament empfinde ich da den Glauben.
Unser Blick muss immer Richtung Himmel gehen, denn wir
haben hier keine bleibende Statt.
Jesus als Vorbild, die Bergpredigt, da liest man was vom
Sinn des Lebens.
Aber können so nicht nur gesegnete sprechen? Frage ich.
Was ist mit jenen, die auf der Strecke bleiben?
Hier ist ein Betätigungsfeld für die gesegneten, das gibt
Ihrem Leben Sinn, dem anderen zum Sinn zu verhelfen,
damit er nicht in der Sinnlosigkeit endet.
Sie haben Recht, sage ich.
Man darf also nicht zu egoistisch sein.
Jesus als Vorbild, ja, das ist es, aber nicht immer einfach.
Ich merkte, dieser Pastor hatte was drauf, er wusste, worauf
es im Leben ankommt. Oftmals sind es Kleinigkeiten.
Aber ich lag mit meiner Vermutung schon ganz richtig da,
Gottvertrauen, Arbeit, Ehe und mehr, machen das Leben
Sinnvoll, vor allen Dingen, wenn man stets das Wohl des
Anderen im Auge hat.
Es war mittlerweile zehn Uhr geworden, ich bedankte mich
für das Gespräch und sagte: bis zum nächsten Mal.
Alles Gute ihnen, sagte der Pastor.
Ich habe an diesem Abend noch lange nachgedacht.
Es ist Mittwoch, ich will heute Mittag mit dem los, Hannover
Braunschweig, Göttingen, rein geschäftlich.
Mein Koffer steht schon auf dem Flur.
Gegen Mittag komme ich auf dem Bahnhof an, Fahrkarte
habe ich schon, welcher Bahnsteig?
In der Mitte des Bahnhofs steht ein kleiner runder Pavillon
darüber steht „Auskunft“, ich gehe hin, ein älterer Herr
mit einer roten Mütze fragt freundlich: “womit kann ich dienen?“
Auf welchem Bahnsteig fährt der Zug nach Hannover, frage
ich.
Gleis sieben, bekomme ich zur Antwort.
Danke, sage ich, will gehen, drehe mich aber noch einmal
um und frage: “Sie, was ist eigentlich der Sinn des Lebens?“
Er lacht und deutet mit einer Handbewegung, ich solle
weiter gehen.
Na ja, lassen wir es.

Ich mache mich auf nach Gleis sieben.
Da kommt mir ein Bahnbediensteter entgegen, er trägt eine
dicke Mappe unter dem Arm und auf seiner Dienstmütze
steht deutlich: “Auskunft“.
Sie, frage ich, ich hätte gerne eine Auskunft.
Ja bitte, antwortet er.
Was ist der Sinn des Lebens?
Wie bitte?
Was ist der Sinn des Lebens?
Sie, ich habe anderes zu tun, sagt er, dreht sich um und
verschwindet im Gewühl der Leute.
Na ja, denke ich, na ja.
Mein Zug läuft ein.
Das Quietschen der Bremsen tut weh in den Ohren.
Es steigen nur wenige aus, aber dafür umso mehr ein.
Ich setze mich in ein Abteil, die Türe öffnet sich und herein
kommen zwei evangelische Diakonissen.
Ist hier noch was frei? Fragt die eine.
Bitte, sage ich und deute auf die freien Plätze.
Ich schaue aus dem Fenster und spüre, wie der Zug langsam
anfährt.
Die beiden Diakonissen unterhalten sich sehr angeregt
und lächeln immer freundlich, wenn ich sie anschaue.
Ich ringe noch mit mir, soll ich, oder soll ich nicht?
Dann beuge ich mich etwas nach vorne und sage: Darf ich
sie mal etwas fragen?
Ja, gerne, sagt die eine Diakonisse, bitte.
Was ist der Sinn des Lebens?
Jesus, Jesus, sagt sie ganz spontan.
Ich bin erstaunt.
Was dachten sie, fragt sie mich?
Auch so in ihre Richtung, antworte ich.
Wie kamen sie denn auf diese Frage? Bohrt sie weiter.
Nur so, sage ich.
Aber sie haben sich doch bestimmt schon länger mit der
Frage beschäftigt, das merkt man doch.
Ja, das stimmt. Und dann erzähle ich den beiden die ganze
Geschichte, wie es dazu gekommen ist, die Sache mit der
Auskunft.
Beide lachen herzlich und die eine sagt: da haben sie aber
was in Bewegung gesetzt.
Bei der nächsten Station steigen die beiden aus, ich bin so
In meinen Gedanken vertieft, das ich nicht mal weiß, wo
der Zug hielt.
Aber ich habe noch etwas Zeit.
Die Frage, welche ich zu klären habe ist die: Woher kommen
wir, wohin gehen wir. Anders lässt sich die Sinnfrage nicht
erschließen.
Ich denke an die frühen Märtyrer, Stephanus, Petrus,
Paulus, Johannes den Täufer und alle späteren Märtyrer,
was machte es für einen Sinn, dieses Leid für eine doch
so gute Sache.
Wie oft hat man nicht die Friedensboten verfolgt?
Ja, das Leid steht uns allen vor Augen, täglich werden wir
mit ihm konfrontiert. Und doch darf nicht alles sinnlos werden.
Aber es lässt sich auch nicht alles erklären.
Erklären sie mal einem Atheisten den Sinn von Leid.
Oder, oder ??
Es gibt so viele ungelöste Rätsel.
Und doch hat das Leben einen Sinn, einen tiefen sogar.
Auch das Leiden hat einen Sinn, auch wenn es uns sinnlos
erscheinen mag.
Alles muss irgendeinen Sinn haben.
Leben hat einen Sinn
Leiden hat einen Sinn
Sterben hat einen Sinn
Arbeiten hat einen Sinn
Danken hat einen Sinn
Vertrauen hat einen Sinn
Man könnte diese Liste unendlich fortführen.
Paulus spricht von dem einen Leib und seinen Gliedern.
Alle Glieder erfüllen ihren Sinn, aber immer in Verbindung
mit den anderen Gliedern.
Oh, auf was für eine Diskussion habe ich mich eingelassen?
Als ich wieder zu Hause bin, frage ich mich, welchen
Sinn es hatte, nach Göttingen zu fahren?
Die Sinnfrage hat mich einfach fest im Griff gehabt.
Nun ist gut, ich weiß Bescheid.
Wenn ich jetzt ein Schild mit der Aufschrift „Auskunft“
lese, mache ich einen Bogen.



Wolfgang Müller

Zum Anfang:
Seite 1






Vom selben Autor:
Psalm 130
Ein Gang über den Friedhof
Wer ist der Größte?
Bergpredigt - einmal anders
Psalm 121
Psalm 43
Leben nach dem Tode?
Ein Mutterherz
Die Ehebrecherin
Die Bergpredigt
Zur Fastenzeit
Von Reichtum und Nachfolge
Psalm 1
Werdet wie die Kinder
Besinnung auf ein Wochenende
Psalm 23
Wenn Kinder fragen
Wenn Kinder fragen (2)
Wenn Kinder fragen (3)
Wenn Kinder fragen (4)
Wenn Kinder fragen (5)
Wenn Kinder fragen (6)
Wenn Kinder fragen (7)
Wenn Kinder fragen (8)
Wenn Kinder fragen (9)
Wenn Kinder fragen (10)
Wenn Kinder fragen (11)
Wenn Kinder fragen (12)
Wenn Kinder fragen (13)
Wenn Kinder fragen (14)
Wenn Kinder fragen (15)
Wenn Kinder fragen (16)
Wenn Kinder fragen (17)
Wenn Kinder fragen (18)
Wenn Kinder fragen (19)
Wenn Kinder fragen (20)
Wenn Kinder fragen (21)
Ökumene
Der Schuldner
Fastenzeit - Passionszeit - Leidenszeit
Jesus brachte die Wende
Zum Guten bereit
Der Hauptmann
Zachäus
Episoden
Evangelium
Wenn Kinder fragen
Der unbarmherzige Mitmensch
Zukunftsträume
Vom Pharisäer und vom Zöllner
Von der falschen Sicherheit
Gedanken eines Synodalen
Odyssee eines jungen Mannes
Volkstrauertag
Gesegnete Weihnacht


Startseite: www.christliche-autoren.de
Übersicht Kurzgeschichten: christliche Kurzgeschichten


In christliche-autoren.de suchen:



• Für www.christliche-autoren.de

www.christliche-autoren.de - Ein evangelistisches Projekt gläubiger Christen.
In Kooperation mit Texte aus Politik und Soziales & Bibelstudium & Liebesgedichte