"Mutterliebe erzeugt blöde Männer"
- zum Buch "Die Mutterliebe" -





"Mutterliebe erzeugt blöde Männer" (1)




1. Der Egoismus der Frauen im 17. und 18. Jh. führt zu hoher Kindersterblichkeit

„Nicht weil die Kinder wie die Fliegen starben,
haben die Mütter sich so wenig für sie interessiert,
sondern wenigstens zum Teil sind sie deshalb in so
großer Zahl gestorben, weil die Mütter sich nicht
für sie interessierten.“ (2)


Die französische Autorin Elisabeth Badinter schildert zu Beginn ihres Buches „Die Mutterliebe“, wie in Frankreich vom 17. bis zum Anfang des 18. Jahrhunderts ein großer Teil des Bürgertums seine Kinder im Säuglingsalter nicht selbst aufzog sondern sie zum Stillen und zur allgemeinen Pflege an bäuerliche Ammen auf dem Land abgab, und unter welch menschenunwürdigen und lebensgefährlichen Umständen die Säuglinge und Kleinkinder dort aufwuchsen.

Frau Badinter nennt als Ursache der hohen Kindersterblichkeit zu dieser Zeit den „soliden Egoismus“ der bürgerlichen Frauen Frankreichs: „Alle opferten sie ihre mütterlichen Pflichten ihren persönlichen Wünschen, so lächerlich oder legitim diese auch sein mochten. Was sie den nicht so begünstigten Frauen, die nur davon träumten es ihnen gleich zu tun, darboten, war das Vorbild einer Gleichgültigkeit, die in den Rang eines herrschenden Wertes erhoben wurde.“ (3)

Frau Badinter geht auf die Vorstellungen, die hinter diesem Egoismus stecken, etwas genauer ein und schreibt:

„Zunächst glaubten die Frauen … die etwas Besseres sein wollten, dass es nicht sehr rühmlich sei, wenn sie selbst ihre Kinder stillten. Da die Damen des Adels seit langem das Beispiel gegeben hatten, war diese Unterlassung für die anderen rasch zu einem Zeichen der Vornehmheit geworden. Selbst ein Kind zu stillen, war gleichbedeutend mit dem Eingeständnis, dass man nicht zur besseren Gesellschaft gehörte.“ (4)

Frau Badinter will nun wissen, welcher Preis für die Entscheidung dieser Frauen bezahlt wurde und „was für ein tragisches Schicksal ihren Kindern beschieden war.“ Sie formuliert: „Angesichts der Sterberegister aus dem 17. und 18. Jahrhundert ist man versucht, das Hegelsche Wort umzukehren und zu sagen, dass das Leben der Eltern mit dem Tode der Kinder bezahlt wird.“ (5)

Nun zu der konkreten Situation, die sich aus dieser Entwicklung ergeben hat. Der Lyoner Arzt Gilibert berichtet im Jahr 1770 über die Säuglinge und Kleinkinder aus der Stadt, die bei der Amme auf dem Land aufwachsen: „…dass der Grund von vielen, häufig tödlichen Fehlern in der unsäglichen Armut dieser Ammen besteht: »Die Frauen sind vom Elend abgestumpft und hausen in Löchern.«

Gilibert schildert, dass diese Frauen gezwungen sind, im Schweiße ihres Angesichts auf den Feldern zu arbeiten, und dass sie den größten Teil des Tages fern ihrer Hütten verbringen. »Während dieser Zeit ist das Kind völlig sich selbst überlassen; es erstickt in seinen Exkrementen, ist angebunden wie ein Verbrecher und ganz von Mücken zerstochen […] Die Milch, die es saugt, ist eine durch heftige Anstrengung erhitzte Milch, eine bittere, seröse, gelbliche Milch. Es kommt daher zu den furchtbarsten Krankheitserscheinungen, die sie, die Kinder, bis ins Grab bringen können.«“ (6)

2. Überraschung

Frau Badinter entpuppt sich in ihrem Buch nicht als Kämpferin für das Wohlergehen des Kindes sondern als Vorkämpferin gegen die Mutterliebe. Ziel ihres Buches ist es, Beweise dafür zu finden, dass es keine Mutterliebe gibt. (7) Sie will „die Spontaneität der Mutterliebe in Zweifel ziehen“ (8); sie als etwas den Müttern Aufgezwungenes darstellen. Es geht der Autorin darum Gründe zu finden, warum man Kinder vernachlässigen kann. Frau Badinter versucht die Mutterliebe zu disqualifizieren, indem sie einen »Mythos Mutterliebe« konstruiert, den »Mythos vom Mutterinstinkt«. (9)

Die Autorin versucht den angeblichen »Instinkt Mutterliebe«, den sie verachtet, der angeblichen „eigenen Natur der Frau“ gegenüber zu stellen. Diese entspreche dem Desinteresse und der Gleichgültigkeit vieler Menschen, die sich nicht dadurch erschüttern ließen, dass ihre Kinder der Reihe nach starben. (10) Dieser angeblichen Natur der Frau redet sie das Wort und schreibt, dass „die Mutter“, „sofern sie keinem entsprechenden Druck ausgesetzt ist, nach ihrer eigenen Natur handelt, die egoistisch ist, und nicht aufgrund eines Instinktes, der ihr befehlen würde, sich für das Kind, das sie auf die Welt gebracht hat, zu opfern.“ (S. 112)

3. Das Leben der Feministinnen im 17. und 18. Jahrhundert

Im 17. und 18. Jahrhundert baute sich in Frankreich also eine Kultur des Egoismus auf, die zunächst einmal an praktischen Dingen festgemacht werden kann.

In Bezug auf das Stillen „berief man sich auf eine allzu große Empfindlichkeit der Nerven, die ein Kind mit seinen Schreien durcheinander bringen würde.“ (12) Dies war also ein Argument, um das Stillen und Versorgen der Säuglinge an Ammen auf dem Land zu delegieren, was für erstere die schon beschriebenen schrecklichen gesundheitlichen Folgen hatte.

Der gesellschaftliche Druck gegen das Stillen wurde aber noch subtiler und durchschlagskräftiger. Frau Badinter referiert in ihrem Buch selbst, dass man unter Berufung auf die »Schicklichkeit« erklärte, „das Stillen sei lächerlich und ekelhaft.“ Und weiter: „Abgesehen davon, dass die Frau dabei den tierhaften Eindruck einer »Milchkuh« liefert, ist es eine schamlose Geste.“ (13)

Aber der Kampf gegen die Mutterliebe war vor allem eine »emanzipatorische Schlacht« (Badinter) der Frauen gehobener Schichten, die, wie Frau Badinter es formuliert, „zu Lasten ihrer Kinder gingen.“ (14)

„Die großen Damen des 18. Jahrhunderts der Pariser Gesellschaft“, wie Badinter sie nennt, waren damit beschäftigt, ihre Salons zu Stätten gesellschaftlicher Ereignisse zu machen (15) und auch durch Unterwerfung des männlichen Geschlechts (16) zu glänzen. Über Madame du Châtelet schreibt sie z.B., sie beschließe „die Phase des eroberungslustigen Feminismus. Sie ist ganz ihren Studien hingegeben, und es ist kein Zufall, wenn der Tod ihres Kindes ihr wenig Kummer bereitet zu haben scheint.“ (17)

Allgemein stellt Badinter für die Damen der Gesellschaft fest: „Für die einen besteht Freiheit darin, in jedem Augenblick tun und lassen zu können, was sie wollen. Das Kind stellt für ein solches, dem Vergnügen gewidmeten Leben ein materielles Hindernis dar.“ (18) Und dann kommt die Feststellung: „Was jedoch alle diese Frauen, ob sie nun Philosophinnen, Gesellschaftsdamen oder Genießerinnen waren, miteinander verband, war ihr solider Egoismus.“ (19)

Wie Frau Badinter anfangs schon feststellte, waren es die Kinder, die das Leben der Eltern mit dem Tod bezahlen mussten. (20)

4. Zwei Herzen in einer Brust

Hauptthema des Buches von Frau Badinter ist die Frage, ob es Mutterliebe überhaupt gibt. Sie beginnt ihre sozialgeschichtliche Untersuchung schon mit der Bemerkung: „Wir wollen uns jetzt auf die Suche nach Beweisen der Liebe machen. Wenn wir keine finden, werden wir gezwungen sein, auf das Gegenteil zu schließen.“ (21) Und sie leugnet keineswegs die Konsequenzen eines solchen Ergebnisses. Zu der Situation im 18. Jahrhundert stellt sie fest: „In der Regel ist die Sterblichkeit bei den Kindern, die von ihrer Mutter gehütet und ernährt werden, halb so hoch wie die derjenigen, die sie persönlich in Pflege gibt.“ (22)

Was die Mutterliebe selbst betrifft, muss sie zugeben, dass es eine Meinung gibt, die lautet, dass es immer ein einzigartiges Gefühl gegeben hat, eben die Mutterliebe. „Manche haben daraus gefolgert, dass es je nach den äußeren Schwierigkeiten, von denen die Menschen heimgesucht werden, mehr oder weniger Mutterliebe geben kann, dass es sie aber immer gibt. Die Mutterliebe wäre danach eine übergeschichtliche Konstante.“ (23) Die Autorin gibt sogar zu, dass es »dieses Gefühl« »in frühesten Zeiten« gegeben hat und dass es Kräfte gab, die versuchten, dieses Bedürfnis der Frauen zu unterdrücken; dass sich z.B. der Theologe Juan Luis Vives über die „allzu große Zärtlichkeit“ der Mütter des 16. Jahrhunderts beklagte. (24) Frau Badinter schreibt aber trotzdem: „Die Mutterliebe ist nur ein menschliches Gefühl. Sie ist, wie jedes Gefühl, ungewiss, vergänglich und unvollkommen.“ (25)

Aber sie kann nicht umhin die Gegenposition, die Haltung ›pro Mutterliebe‹, anzuerkennen. Über die gesellschaftlichen Auseinandersetzungen im 18. Jahrhundert bemerkt sie „Gewiss ist man sich nicht darüber im Unklaren, dass es dieses Gefühl seit jeher, wenn nicht immer und überall gegeben hat.“ (26)

Man kann aus diesen Betrachtungen schließen, dass Mutterliebe immer durchdringt, wenn sie nicht durch gesellschaftlichen Druck oder wirtschaftliche Zwänge abgeschwächt wird. Mutterliebe ist also ein grundlegendes Gefühl, das sich immer mehr oder weniger durchsetzt. Frau Badinter ist einerseits der Meinung, dass Mutterliebe quasi der Lebensqualität der Frau abträglich ist. Sie muss aber immer wieder zugeben, dass Mutterliebe ein Fakt ist und dass sie für das Aufwachsen der Kinder unter menschenwürdigen Bedingungen notwendig ist.

5. Was soll dieses Buch?

Frau Badinter beschreibt eindrücklich die Folgen der fehlenden Mutterliebe im Frankreich des 17. und 18. Jahrhunderts. Aber ihre Botschaft an die Frauen der Gegenwart lautet doch nicht »Liebt eure Kinder und macht es besser als die Frauen vergangener Jahrhunderte!« sondern »hier seht ihr, dass keine Frau Mutterliebe zu haben braucht, (bei den Frauen vergangener Jahrhunderte hatte sie auch keinen Stellenwert)« und »deshalb braucht ihr heute ebenfalls keine Mutterliebe; genießt das Leben und macht es euch nicht unnötig schwer.« Frau Badinter findet es offensichtlich gut, dass Kinder vergangener Jahrhunderte wenig geliebt wurden.

Frau Badinter stellt für die Entwicklung in den 60er Jahren in Frankreich fest: „Immer mehr Frauen … betrachten »ihr Zuhause« mit den Menschen und Dingen, die dazugehören, nicht mehr als ihr natürliches Reich.“ (27) Sie findet den Egoismus vieler Frauen ihren Kindern gegenüber gut und stellt Ende der 70er Jahre fest. „Wir können feststellen, dass seit rund fünfzehn Jahren eine wachsende Zahl von Frauen, denen es möglich wäre, zu Hause zu bleiben und nach Belieben ihr Baby zu hätscheln, es vorzieht, diese Aufgabe anderen zu überlassen und ihre Zeit zum großen Teil außerhalb des Hauses zu verbringen.“ (28)

Ich finde es erschreckend, wie eine feministische Frauenbewegung, die in den 60er und 70er Jahren unter den Forderungen der Erkämpfung sozialer Gleichheit und Befreiung unterdrückter Menschen aus den Zielen des mitmenschlichen sozialen Denkens heraus entstanden ist, nun zwei Jahrzehnte später den Frauen gegenüber ihren Kindern Gleichgültigkeit und Desinteresse empfiehlt. In Bezug auf die Situation Ende der 70er Jahre schreibt Frau Badinter: „Und trotz liberaler Intentionen wird eine Mutter, die ihr Kind nicht liebt, noch immer als eine Verirrung oder als Skandal empfunden.“ (29) Die Autorin hat Recht. Auch die Mutter (oder der Vater), die ihr Kind nicht liebt, ist eine Realität. Dies sieht man an den Fällen von Kindesverwahrlosung und Kindesmisshandlung.

Karl Marx stellte übrigens zu Recht fest, „dass die Ordnung der Familie etwas mit der göttlichen Ordnung und dem Willen Gottes zu tun hat.“ (30) Er schrieb: „»Das Geheimnis der Heiligen Familie ist die irdische Familie. Um erstere zum Verschwinden zu bringen, muss letztere theoretisch und praktisch vernichtet werden.«“ (31) Die Thesen Badinters dienen dazu, letztlich die Familie als Teil der Ordnung Gottes aufzulösen. Es hat sich seit den vergangenen Jahrhunderten vieles zum Guten entwickelt. Hohe Kindersterblichkeit scheint bei uns der Vergangenheit anzugehören – tatsächlich?

Jedes Jahr werden in Deutschland über 100 000 Kinder abgetrieben. (32) Es ist unglaublich, welch eine hohe Kindertötungsrate akzeptiert wird und das in einem Land, in dem die materiellen Voraussetzungen zum glücklichen Heranwachsen von Kindern noch nie so gut waren wie heute.



Rolf Urspruch


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Literaturangaben



(1) Die Kabarrettistin Christiane Breucker behauptete in einer Veranstaltung in Wupper-tal, Mutterliebe erzeuge blöde Männer; s. Westdeutsche Zeitung/7.1. 2013
(2) Elisabeth Badinter, Die Mutterliebe, 1984 Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co.KG, München, S. 63
(3) ebenda, S. 90f.
(4) ebenda, S. 71
(5) ebenda, S. 91
(6) ebenda, S. 95
(7) s. ebenda, S. 63
(8) ebenda, S. 55
(9) s. ebenda, S. 113
(10) s. ebenda, S. 111f.
(11) ebenda, S. 112
(12) ebenda, S. 70
(13) ebenda, S. 71
(14) ebenda, S. 79
(15) s. ebenda, S. 78
(16) s. ebenda
(17) ebenda, S. 88
(18) ebenda, S. 89
(19) ebenda, S. 90
(20) s. ebenda, S. 91
(21) ebenda, S. 63
(22) ebenda, S. 108
(23) ebenda, S. 61
(24) s. ebenda, S. 113
(25) ebenda, S. 12
(26) ebenda, S. 113
(27) ebenda, S. 274
(28) ebenda, S. 275
(29) ebenda, S. 12
(30) Thomas Lachenmaier, Ein intelligenter Tor, factum Nr. 2/2013, S. 11
(31) Karl Marx, zitiert nach Thomas Lachenmaier, ebenda
(32) s. z.B. Zahlen, ideaSpektrum Nr. 11/2013, S. 10




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