Der Traktatverteiler
- und seine bessere Predigt -





Der Traktatverteiler



Ja, es gab Zeiten, an denen ich Traktate und Schriften ablehnte: Ich hatte schlechte Erfahrungen mit Sektierern gemacht und festgestellt, dass viele Verteiler nur auf Kundenfang gingen.

Eines Tages aber fiel mir ein Traktatverteiler auf: Er saß neben einem Mann, der offensichtlich orientierungslos war und hilfsbedürftig: Viele waren an diesem Mann achtlos vorüber gegangen, aus Gleichgültigkeit, aus Angst, helfen zu müssen und etwas Falsches zu tun. Aber dieser Traktverteiler hatte seine Traktate weg gesteckt und kümmerte sich um den alten, orientierungslosen Mann. Er rief von seinem Handy aus den Rettungsdienst an und wartete. Er sprach freundlich mit dem Mann. Der Mann war schmutzig, roch nach Alkohol, war zerlumpt und völlig "neben der Spur". Geduldig kümmerte sich der Traktatverteiler um den Mann. Der Rettungsdienst kam, der Verteiler fragte, in welches Krankenhaus der Mann kommen würde, er wolle ihn besuchen und nach ihm sehen.

Ich hatte das alles von einem Strassencafe aus beobachtet, und als der Rettungsdienst mit dem Mann wegfuhr, winkte ich den Traktatverteiler herbei.
"Was verteilst du?", fragte ich.
Er zeigte mir ein Traktat und antwortete: "Christliche Schriften."
Ich nahm eines und fragte ihn, ob er mit mir einen Kaffee trinkt. Er willigte ein. Ich wollte mich mit ihm unterhalten.

Komisch: Er war anders als ich erwartet hatte. Wir sprachen über alles Mögliche, über Menschlichkeit, über das Leben, über den Sinn.
"Warum hast Du dem Mann geholfen?", fragte ich schließlich.
Er sah mich ganz erstaunt an: "Wer denn wenn nicht ich? Ich verteile doch christliche Schriften, da muss ich doch hinter Jesus stehen. Kennst Du das Gleichnis vom barmherzigen Samariter? Er half einem Schwerstverletzten ohne Rücksicht auf sein Leben. - Ist es da so viel verlangt, wenn ich ohne Gefahr einem Hilfsbedürftigen meine Zuwendung gebe? Jesus sagt, dass die Kranken, die Notleidenden die Geringsten Seiner Brüder sind. Soll ich mich von Seinen Verwandten abwenden, die auch die meinigen sind, wo Er doch mein Bruder ist?"

Lange bewegte mich das Gespräch. Und ich las das Traktat, das er mir geschenkt hatte. Ich sah ihn nie wieder. Und doch hat er mich überzeugt. Das Traktat war sehr gut, doch seine Tat war die weitaus bessere Predigt.


Markus Kenn







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