Bildausschreibung "Mann mit Kreuz"
- Autorenwettbewerb -









Es folgen die fünf Texte, die bei dieser Ausschreibung ausgewählt wurden.
Es ging darum, dieses Bild zu interpretieren:



Bild im Großformat anschauen: hier.

(Die Texte folgen in zufälliger Reihenfolge. Für uns sind sie alle auf dem ersten Platz.)


Unterwegs

Zur vorbestimmten Stätte geht es steil bergan.
ER trägt die schwere Last der ganzen Welt
auf seinem jungen starken Rücken.
Weit war der Weg bis hier und hart,
tief muss ER seinem Kreuz sich bücken.

Sein Auge sieht das letzte Hindernis, den Stein
vor ihm auf des Weges Mitte.
Wird ER straucheln oder fallen?
Tief schöpft ER Luft
erbittet Mut und Kraft
für seine letzten schweren Schritte.

Das Kreuz, es drückt, und zwar vor allem
an des langen Balkens Ende.
Dort hockt der Priester, zweifelnd, hoffend
und hält an seiner Lehre fest die Hände
untätig wartend auf das Ende.
Ihm geht es wie vielen:
Er weiß nichts mehr.
Das macht es dem, der hält und trägt besonders schwer.

Auch andere Menschen, die dort sitzen
ganz dem dunklen Weltgeschehen zugewandt,
die Stellvertreter all der Liebenden,
der Künstler und Gelehrten,
wie stets mit nichts als sich beschäftigt,
haben sie IHN nicht erkannt?

IHN, Sohn Gottes, Salz der Erde,
Lichtbringer im menschlichen Gewand,
der einzig nur der Liebe zu uns Menschen wegen
die tiefen Todesschatten überwand.
Den Hoffnungsbringer, Friedensstifter
von Gottes Gnaden auserwählt,
dessen Botschaft uns die Bibel
immer wieder neu erzählt.



Angelika Wolff



Bildinterpretation: Die Last des Kreuzes - SEIN Weg, für uns.

„Klar doch, es geht um den Karfreitag.“
Dies war mein erster Gedanke als ich nur einen flüchtigen Blick auf dieses Bild warf. Natürlich auch die schwarz weiß Darstellung tut ihr übriges, um mich auf eine interessante Fährte zu locken.
Zuerst einmal bewundere ich den Künstler. Denn ich würde auch gerne grafisch soviel draufhaben.
Doch erst, als ich es mir genauer betrachtete, fiel mir auf, dass die Figuren ja gar nicht im Hintergrund stehen und nur zusehen wie sich da jemand mit dem Kreuze abmüht.
Nein die Charaktere sitzen sogar noch darauf.
Also für mich ist das Bild jetzt echt ein Hammer.
Interessant finde ich auch, dass der Leidtragende von rechts nach links geht.
Wir westlichen Menschen lesen gerne von links nach rechts.
Also von Anfang zum Ende. Aber bei diesem Bild ist alles verkehrt.
Ich weiß ja gar nicht recht wo ich beginnen soll mit meiner Interpretation.
Im Zentrum sieht man den Gebeugten unter einem Holzkreuz. Auf diesem Kreuz sitzen Figuren. Also der Leidende trägt nicht nur am Kreuz sondern auch noch die zusätzliche Last der Menschen, die auf dem Kreuzstamm sitzen.
Da glaube ich einen Würdenträger zu erkennen; Ein sich küssendes Pärchen und ein Schreiberling, wie mir scheint sind vertreten.
Die rechte Seite des Bildes ist sehr dunkel gehalten. Die Linke hingegen hell.
Der tragende Mensch wird auch noch über einen Felsbrocken stolpern.
Wunderbar sind die Spuren zu erkennen.
So und nun stehe ich vor der Herausforderung all meine spontanen Eingebungen folgerichtig in Worte zu kleiden.
Also direkt über dem Rücken des Tragenden sitzt der Autor.
Was macht er? Schreibt er die Geschichte auf, oder schreibt er einen Brief und ist so vergessen in seiner Arbeit, dass er von alledem nichts mitbekommt?
Jetzt wo es um den Autor geht, gerate ich ein Stück weit ins Stocken. Vom Schreiben alleine wurde noch niemandem geholfen, oder? Aber ich will so gerne, dass das Schreiben auch helfen kann.
Das küssende Paar drückt ein wenig schwerer auf das Kreuz, da es weiter weg vom Hebelpunkt entfernt sitzt. Außerdem neigen frisch verliebte dazu, die Welt um sich herum zu vergessen. Ist sicher auch nicht im Sinne des Erfinders.
Doch am schwersten wiegt der Klerus. Dieser erschwert die Last des Kreuzes am meisten.
Doch warum? Vielleicht durch die allseits geliebte Verjenseitigung, nach dem Motto:
„Ihr armen in der Dritten Welt. Leidet ur, denn dann kommt ihr ins Himmelreich!“
Der sitzt da, baumelt mit den Füßen, hält die Hände im Schoß gefaltet und freut sich seines Lebens.
Der Kreuz tragende kommt aus der Finsternis ins Licht und trägt die Menschen auf seinem Rücken, die sein Kreuz beschweren. Aber sein Weg ist nicht vergessen. Er hinterlässt eindeutige Spuren, die den Nachfahren den Weg ins Licht zeigen.
Zwar wird er noch über Petrus, der ihn dreimal verleugnet, als Felsbrocken, stolpern. Aber am Ende wird ER siegen. Siegen über die Finsternis, über den Tod hin zum Leben.
Der Leidende geht vom Ende, der Finsternis zum Anfang des Lichts.
Er zögert nicht. Festen Mutes marschiert ER und stemmt mit SEINER ganzen Kraft die Menschen auf seinem Rücken hoch um sie näher zum Licht, zum Vater, zu bringen.



Diane Legenstein




Das Bild



Ich blicke auf das Bild, eine Zeichnung. Ein Mann trägt ein Kreuz. Unwillkürlich denke ich an Jesus. Auch Er trug ein Kreuz. Er trug es im Wissen, daran geschlagen zu werden wie ein Verbrecher; dabei war Er unschuldig! Keine Sünde, keinen Fehltritt konnte man Ihm vorwerfen, nicht einmal den kleinsten! Und doch trug Er das Kreuz!

Warum? Für wen? Wozu? Es scheint keinen Sinn zu machen. Vor allem ist der Tod am Kreuz brutal, das grausamste Sterben. Jesus wurde damals gedemütigt, verspottet, angespuckt, beschimpft, zusammengeschlagen, ausgepeitscht. Und trug danach noch das Kreuz. Unter diesem Kreuz bricht Er zusammen: Einmal, zweimal, dreimal. Simon von Kyrene muss Ihm helfen. Jesus packt das Kreuz nicht mehr allein. Das Kreuz ist schwer, sehr schwer, zu schwer für Ihn. Was macht das Kreuz so schwer? Jesus ist doch Zimmermann, gewohnt, schwere Bretter, schweres Holz zu tragen. Er ist doch stark, hat Kraft. Er ist doch stark, im besten Mannesalter. Was macht Ihm das Kreuz so schwer? Warum bricht Er darunter zusammen?

Ich denke nach. Ich werde leise. Ich werde traurig. Und auf einmal bin ich bestürzt, schockiert. Im Augenblick denke ich nicht mehr an Jesus direkt. Ich denke an mich. Ich denke an meine Schulzeit.

"Wer hat Jesus ans Kreuz geschlagen?", fragte der Religionslehrer.
"Die Juden!", sagen die einen. Die anderen: "Nur die Pharisäer!"
Die Nächsten: "Es waren die Schriftgelehrten!"
"Der Mob!", brüllt ein anderer
"Die Römer!", meint ein Mädchen, etwas leiser und geschichtsbewusst.

Nein, das ist nicht die Antwort. Zumindest nicht die ganze. Die Menschen insgesamt haben Jesus ans Kreuz geschlagen und nicht nur irgendwelche römischen Soldaten oder der Mob jener Zeit. Alle Menschen zu allen Zeiten. Ohne Ausnahme. Ohne Ausnahme? Ja, völlig ohne Ausnahme! Oh Gott! Dann habe auch ich ...? Ja, auch ich. Auch ich? Die Antwort ist unpräzise, ungenau. Meine Antwort muss richtig heissen: Gerade ich! Ausgerechnet ich! Vor allem: Ich! Was macht Jesu Kreuz so schwer? Es sind die Sünden der Welt. Er trägt die Sünde der Welt, jede einzelne, angefangen von Adams Ungehorsam bis zur letzten in der Menschheitsgeschichte. Jede Lüge, jeden Mord, jeden Betrug, jeden Ehebruch, jeden bösen Gedanken, jeden Mordversuch, jede Tierquälerei, jeden Diebstahl ...
Da kommt viel zusammen. Aber es sind ja nicht "nur" die Sünden der anderen, nein, oh nein. Das ist zu einfach. Ich bin gemeint. Jesus trägt alle Sünden der Welt, also auch die meinigen. Ich setze mich auf den Stuhl, denn bei diesem Gedanken werden mir die Knie weich. Mir fällt einiges ein. Wie oft habe ich doch gelogen. Notlügen, weil ich schlicht und ergreifend zu feige war, zu dem zu stehen, was ich gemacht oder gesagt habe. Höflichkeitslügen, weil ich keinen Ärger wollte. Ich habe geprahlt. Ich bin hochmütig und stolz.

Und wie oft habe ich einen anderen gehasst? Wie vielen wünsche ich, wenn ich ehrlich bin, die Pest an den Hals? Wie viele habe ich über den Tisch gezogen oder auf sie herabgeschaut? Ich habe Menschen verurteilt, nur weil sie nicht in mein kleinkariertes Schema passten. Dann meine Wut gegen andere. Die mangelnde Bereitschaft zu vergeben. Und wüsste mancher, was ich über ihn erzählt habe: Ich wäre wohl wegen Verleumdung dran. Und das nicht zu knapp.

Ich sehe das Kreuz. Ich mache es Ihm schwer, sehr schwer, zu schwer. Ich ziehe meine Brille aus. Ich schlage mir die Hände vors Gesicht. Ich weine. Ich heule los. Nein, diesmal nicht aus Selbstmitleid, nicht aus verletztem Stolz. Nicht, weil ich unschuldig bin, weil ich geschlagen oder auch nur beleidigt wurde. Jesus sagte zu den Frauen: "Weinet nicht um mich, sondern über euere Kinder!" Ich sitze da und weine über mich selbst. Über meine Schlechtigkeit. Über meine Schuld. Über meine Leichtfertigkeit. Alles, was ich falsch gemacht habe, habe ich relativiert. Die geklaute Büroklammer des anderen: Ein Schwerstverbrechen, aber die grossen Schäden, die ich anderen zufügte, machte ich klein. Aus der Mücke eines anderen machte ich einen Elefanten, aber meine Elefanten machte ich zu Mücken.

Jesus ist dreimal unter dem Kreuz zusammengebrochen, weil ich es Ihm so schwer gemacht habe. Ich. Kein anderer. Ich habe es Ihm so schwer gemacht. Ich weine. Ich heule "Rotz und Wasser"! Der Querbalken: Es ist das grosse Minus. Dieses Minus bringe ich ein! Ich bekenne meine Schuld vor Ihm! Ich blicke auf. Ich sehe das Kreuz. Es ist wie beim Rechnen in der ersten Klasse, denn ich sehe das Kreuz. Es ist ein Pluszeichen. Jesus bringt den vertikalen Balken ein. Mein Leben wird zum Plus. Durch Ihn. Dadurch, dass Er meine Schuld ans Kreuz brachte, an Sein Kreuz, dass ich so schwer gemacht habe.

Jetzt kann ich mein Kreuz tragen, mein kleines Kreuz. Es ist manchmal auch schwer. Es ist manchmal nervig. Es tut oft weh. Aber Er hat alles getragen. Ich kann mein Kreuz bei Ihm abgeben. Und weil Er stark war und ist, kann ich stark sein. Weil Er meinen Tod auf sich nahm, darf ich leben. Weil Er meine Schuld und meine Schulden bezahlt hat, bin ich schuldenfrei. Weil Er mich durch Sein Blut am Kreuz gebadet und gereinigt hat, bin ich sauber. Weil Er für mich gesühnt hat, muss ich nicht ins Gefängnis und nicht in den Schulden- und Hungerturm.

Danke, Jesus. Danke, dass Du mein Kreuz getragen hast. Dass Du mir vergeben hast. Dass Du mir Freiheit schenkst. Dabei bin ich doch Dein Mörder. Ja, ich habe Dich umgebracht. Ich habe Dich ans Kreuz gebracht. Ich habe Dich dort angenagelt. Durch meine Schuld, durch meine Sünde. Meine Lügen sind das Kreuz, mein Hochmut die Nägel. Meine Arroganz die Peitsche, die Dich schlug. Meine Hartherzigkeit die Dornenkrone, die sich in Deine Stirn bohrte. Meine Bosartigkeit war Deine Todesangst im Garten Gethsemane. Dabei bin ich feige. Petrus hat Dich "nur" dreimal verleugnet. Wie oft habe ich Dich verleugnet. Hundert Mal? Tausend Mal? Judas Iskarioth verriet Dich für dreissig Silberlinge. Wie oft habe ich Dich verraten? Und das noch für nichts! Hundertmal, tausendmal verriet ich Dich. Aber unter Dein Kreuz darf ich kommen, meine Schuld darunter legen. Du wäschst mich rein. Wie der Häscher sage ich: "Gedenke meiner, wenn Du in Dein Reich kommst!" Du gedenkst meiner, machst mich sauber.

Danke, Herr. Noch einmal weine ich. Aus Erleichterung. Aus Freude. Ich werde mit Ihm in Seinem Reich sein. Nicht, dass ich es verdient hätte. Er hat es gemacht. Danke!
Das Kreuz: Kein brutales Symbol für mich. Aber auch kein Schmuckstück. Es ist ein Siegeszeichen, das Siegeszeichen. Jesus hat da für mich gesiegt!

Daran erinnert mich das Bild. Und ich möchte nicht vergessen, was Er getan hat für mich. Mein kleines Kreuz tragen. Durch Ihn kann ich es ja ertragen. Er hat ja meine Schuld ge- und ertragen. Meine Strafe auf sich genommen. Mir vergeben. Mir, seinem Mörder. Denn durch mich, durch meine Sünde kam Er ans Kreuz.



Markus Kenn





Falscher Stolz



Sein Joch ist sanft

und seine Last ist leicht...

...für uns

alles ist schon getan

nichts bleibt für uns zu tun

alle Sünden sind bezahlt

bis in alle Ewigkeit

lasst uns ruhen,

alle Arbeit ist schon getan?

Sabbat währt die ganze Woche,

das ganze Jahr

das ganze Leben

keine Opfer,

keine Strafen

alles hat einer schon getragen

wir sonnen uns in seiner Tat

getragen von der Welle seiner Liebe





Sein Joch ist sanft

und seine Last ist leicht...

...wir drücken uns davor

schließen unsere Augen

wollen sie nicht sehen

wollen sie nicht tragen

durch sein Opfer sind wir frei

frei zu dienen unserem Gott

zu leben zu seiner Ehre

frei uns seinem Thron zu nähern

die ganze Woche

das ganze Jahr

das ganze Leben

doch wir bleiben sitzen

ruhen uns vom Nichtstun aus

nehmen die Freiheit nicht in Anspruch,

die er so teuer für uns erkauft





Sein Joch ist sanft

und seine Last ist leicht

uns kümmerts nicht

warum sollten wir was tun?

einer gab alles für uns

wir geben nichts zurück

einer hat uns vom Fluch befreit

wir gehen weiter in unseren Ketten

und merken es nicht einmal

wir sitzen auf dem Kreuz

unser Platz wäre darunter

doch oben ist es viel bequemer

wenn ein Dummer es schon trägt!

er gab alles auf und nahm das Kreuz

und wie danken wir es ihm?

wir bleiben einfach sitzen

die Welt versinkt im Dunkeln





Sein Joch ist sanft

und seine Last ist leicht

er sandte uns aus

seine Liebe weiterzugeben

doch selbst seine Kinder

folgen diesem Auftrag nicht

wenden sich ab von der Welt,

die im Dunkeln versinkt

lassen sich tragen ins Licht

denken nur an sich

er wusste dass das kommen würde

und doch bezahlte er den Preis

erkaufte uns die Freiheit,

die wir mit Füßen treten

streckt segnend seine Hände aus

über seine Kinder

die freiwillig in Ketten gehen





Sein Joch ist sanft

und seine Last ist leicht

wann werden wir sie endlich tragen

sie mit Stolz der Welt verkünden

um sie aus Dunkelheit zu führen

Öffnet eure Augen!

Steht doch endlich auf!

könnt ihr sie nicht nutzen

die kurze Zeit die bleibt?

Erfüllt doch meinen Auftrag!

Geht in die Welt hinaus!

wie traurig muss Gott sein

wenn er uns so sieht:

zu hart das sanfte Joch

zu schwer die leichte Last

für unseren großen Stolz

Aber, worauf sind wir eigentlich stolz?



Lisa Kaltenbach





Gleichgültigkeit


Ein Mensch trägt sein Kreuz, bricht unter der Last fast zusammen. Sein Blick ist dabei starr auf den nächsten Stolperstein gerichtet, der ihn unweigerlich zum Sturz bringen wird.
Es ist schon schwer genug, dieses große Kreuz aus Holz, das er zu tragen hat, auch ohne die Gleichgültigkeit, die auf ihm Platz genommen hat in Gestalt von vier Mitmenschen.

Der eine, vielleicht ein Rentner, ist in seine Zeitungslektüre vertieft. Er sieht und hört nichts um sich herum, lässt es sich gut gehen. Genießt seinen Ruhestand, gönnt sich Zeit und Muße und glaubt, nun niemandem gegenüber mehr verantwortlich zu sein. Er hat sein Lebenssoll erfüllt, die Kinder sind aus dem Haus – welch schöner Tag, die Sonne scheint – um 12.00 Uhr muss er zurück sein, dann steht das Mittagessen auf dem Tisch. Auf der Terrasse seines Einfamilienhauses hat seine Frau den Tisch gedeckt. Es gibt immer gut und reichlich zu essen, dazu genehmigt man sich dann ein Glas Bier oder Wein und dann folgt ein kurzer Mittagsschlaf und danach und danach lässt man es sich weiter gut gehen. Was scheren ihn die anderen Menschen, denen es schlechter geht als ihn. Für ihr Elend ist er doch nicht verantwortlich! Gibt es denn nicht die Kirche, die sozialen Einrichtungen, den Staat!

Neben dem einzelnen Mann auf dem Kreuz sitzt ein Paar. Eng umschlungen genießen sie ihr Glück. Sie machen Pläne für den nächsten Urlaub, träumen von einer gemeinsamen Zukunft, haben berufliche Pläne und streben eine Karriere an. Sie sind jung und gesund, haben ein Recht darauf, sich zu amüsieren, und so soll es bleiben bis in alle ... Und wenn doch mal etwas schief geht, dann sind ja noch die Eltern da, oder in letzter Instanz der Staat. Aber wieso sollte es ihnen jemals schlecht gehen! Geht es überhaupt jemanden schlecht in unserem Land? Für Afrika wird in den Kirchen sicher genug gesammelt. Sie kennen in ihrer Umgebung keinen Menschen, dem es so richtig dreckig geht. Und außerdem ist heute ein so schöner Tag, die Sonne scheint, sie sind glücklich, warum sollen sie sich Gedanken um andere Menschen machen!

Der Betrachter erschrickt, als er die vierte Person auf dem Kreuz entdeckt. Es ist nämlich ein Pfarrer. Ein Gottesmann, der seine gefalteten Hände im Schoß liegen hat und wohlgefällig seine gesicherte Existenz genießt. Er hat am Morgen die Messe gehalten, einem Kranken die letzte Ölung gespendet, den Schweinebraten verzehrt, den seine Haushälterin so vorzüglich zubereiten kann. Und jetzt, an diesem schönen Nachmittag denkt er über seine nächste Sonntagspredigt nach. Er wird seinen Schäfchen mal wieder richtig die Leviten lesen, sie an ihr soziales Mitgefühl erinnern. Und noch so ein paar Gedanken gehen ihm im Kopf herum: die alte Orgel klang heute so verstimmt. Die neue Kindergärtnerin soll in Scheidung leben, der blonde Messdiener knutschend mit einer Mitschülerin gesehen worden sein. Die blonde Bäckersfrau hat ein Verhältnis mit dem Metzger aus der Josefstraße heißt es. Was ist das nur für eine schlechte Welt!, denkt der gottesfürchtige Mann.
Sind seine Augen trübe geworden, oder hat die Hoffart auch von ihm Besitz ergriffen?
„Wachen Sie auf, Herr Pfarrer! Sie haben gar nicht bemerkt, wie auch die Gleichgültigkeit von Ihnen Besitz ergriffen hat. Sie sitzen auf dem Kreuz, unter dem eines ihrer Schäfchen gerade zusammen bricht.
Wachen Sie auf! Wachen wir endlich alle auf!



Paola Reinhardt



Herzlichen Glückwunsch allen Autorinnen und Autoren!









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